An welchen Stellen die Forscher*innen in den Autor*innenzeilen jeweils gelistet sind, schlägt sich auf ihre Chancen in der akademischen Laufbahn nieder.

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Genf – Wissenschafterinnen haben während der Corona-Pandemie deutlich weniger Forschungsarbeiten in Bezug zu Covid-19 zur Veröffentlichung eingereicht als ihre Kollegen. Dies gilt insbesondere für die Zeit, in der scharfe Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus ergriffen wurden. Das geht aus einer im Fachmagazin "BMJ" publizierten Analyse von über 63.000 medizinischen Studien hervor.

Die Ergebnisse würden die Resultate von drei bereits veröffentlichten Studien untermauern, die sich mit den ersten Monaten der Pandemie befassten, schreiben die Forschenden um die Professorin Angèle Gayet-Ageron von der Universität und dem Universitätsspital Genf. Das Team untersuchte den Anteil an Autorinnen in medizinischen Studien, die vor der Pandemie (Jänner 2018 bis Dezember 2019) sowie während der Pandemie (Jänner 2020 bis Mai 2021) in Fachzeitschriften der BMJ-Gruppe zur Begutachtung eingereicht worden waren.

Rückgang des Anteils der Erstautorinnen

An welchen Stellen die Forscherinnen und Forscher in den Autor*innenzeilen jeweils gelistet sind, schlägt sich auf ihre Chancen in der akademischen Laufbahn nieder. Demnach machten Frauen in den zwei Jahren vor der Pandemie 46 Prozent der Erstautor*innen, 31,4 Prozent der Letztautor*innen und 38,9 Prozent der korrespondierenden Autor*innen aus.

"Wir wollten wissen, ob die Pandemie mit einer geringeren Repräsentation von Frauen in wichtigen Autorenpositionen verbunden war, was sich möglicherweise negativ auf ihre Karriere auswirken könnte", ließ sich Gayet-Ageron in einer Mitteilung der Universität Genf zitieren. Und tatsächlich: Insbesondere während der ersten Welle der Pandemie, von März bis April 2020, sank der Anteil der Forscherinnen, die an diesen bedeutsamen Autor*innenpositionen gelistet waren. Für Studien, die sich mit Corona befassten, ermittelten die Forschenden einen Rückgang des Anteils der Erstautorinnen und korrespondierenden Autorinnen um jeweils rund 20 Prozent, bei Letztautorinnen um zwölf Prozent.

Berufliche und familiäre Überlastung

Diese Beobachtung fällt mit den scharfen Eindämmungsmaßnahmen wie Lockdowns und Schulschließungen zusammen. "Es ist wahrscheinlich, dass Frauen aufgrund ihrer beruflichen und familiären Überlastung größere Schwierigkeiten hatten, ihre Forschungstätigkeit fortzusetzen, als ihre Kollegen", sagte Gayet-Ageron.

Bei Studien allerdings, die sich nicht mit Corona befassten, beobachteten die Forschenden kaum einen Unterschied zur vorpandemischen Zeit. Ebenfalls verringerten sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Laufe der Corona-Pandemie: Die Anteile von Forscherinnen an den wichtigen Autor*innenpositionen glichen sich zwischen Oktober 2020 und Mai 2021 wieder an den Zeitraum von vor der Pandemie an.

Weil aber zwischen der Einreichung eines Manuskripts und der Veröffentlichung der Studie normalerweise viel Zeit vergeht, sei es wichtig, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Forschungstätigkeiten von Frauen zu berücksichtigen, sagte Gayet-Ageron, insbesondere bei der Begutachtung von Bewerbungen. Gayet-Agero führte die Studie gemeinsam mit ihrer Kollegin Khaoula Ben Messaoud von der Universität Genf und in Zusammenarbeit mit der BMJ Publishing Group durch. (APA, 20.10.2021)