Dem Ex-ÖVP-Politiker Seeber wird schwerer Betrug zur Last gelegt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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Innsbruck – Der Betrugsprozess gegen den Tiroler Ex-ÖVP-EU-Abgeordneten Richard Seeber ist am Mittwoch am Innsbrucker Landesgericht auf vorerst unbestimmte Zeit vertagt worden. Nachdem Seeber am ersten Prozesstag Ende September seine Unschuld beteuert hatte, waren nun die Zeugen am Wort. Darunter seine Ehefrau, die ihn verteidigte – Assistentinnen belasteten den Ex-Abgeordneten jedoch teilweise.

Der 59-jährige Seeber soll zwischen 2006 und 2010 Scheinrechnungen eines externen Beraters vorgelegt haben. Der Berater steht in dem Verfahren als Zweitangeklagter vor Gericht. Er soll Seeber bei seiner Arbeit als Abgeordneter unterstützt haben – Leistungen soll es aber laut Oberstaatsanwalt Wolfgang Handler nicht gegeben haben. Seeber wird schwerer Betrug zur Last gelegt, dem Zweitangeklagten schwerer gewerbsmäßiger Betrug. Die Schadenshöhe soll bei rund 400.000 Euro liegen.

Viele Telefonate mit Berater

Als erste Zeugin wurde Seebers Ehefrau geladen, die während seiner Zeit als EU-Abgeordneter zwischen 2004 und 2014 mit ihm und der gemeinsamen Familie in Brüssel lebte. Zu Hause sei ein Faxgerät gestanden, aus dem regelmäßig Berichte des externen Beraters, eines 65-jährigen Rumänen, kamen. Auch habe ihr Mann ihr öfter E-Mails weitergeleitet, damit sie diese daheim ausdrucken könne. Zudem erinnerte sie sich an Telefonate, "oft spät abends oder am späten Nachmittag. Das hat mich oft genervt", räumte sie gegenüber Richter Andreas Mair, der den Vorsitz des Schöffensenats führte, ein.

Die Inhalte der Berichte des Rumänen "waren sicher Sachen, die er nicht mit seinen Mitarbeitern teilen wollte", meinte Frau Seeber dazu, dass Richard Seeber die Beratungstätigkeit des heute 65-Jährigen – mit dem er bereits seit den 1980er-Jahren bekannt ist – von daheim aus und nicht im Büro bearbeitete. Der EU-Abgeordnete habe den Mann engagiert, weil er Verbindungen nach Rumänien aufbauen wollte und dessen Expertise für seine Arbeit im Regional- und Umweltausschuss benötigte. Später sei die Tochter des Beraters beschäftigt worden, weil sie sich im Bereich Tourismus ausgekannt habe. Abschließend brach sie noch eine Lanze für ihren Gatten: "Mein Mann ist ein ehrlicher Mensch." Es sei ihr "unerklärlich", dass er nun vor Gericht stehe.

Kündigung wegen Vermutung

Am Nachmittag wiederum wurden ehemalige Assistentinnen Seebers geladen, die ihn zum Teil belasteten. "Ich glaube, dass keine Beratung stattgefunden hat, aufgrund der Art und Weise, wie die Arbeit im Büro organisiert war", sagte eine ehemalige Mitarbeiterin Seebers aus. Die Expertise eines externen Beraters wäre auch für ihre Arbeit etwa bei Abänderungsanträgen für Gesetze hilfreich gewesen, meinte sie rückblickend. Sie habe den Berater zwar telefonisch mit Seeber verbunden, in Brüssel habe sie ihn aber nie gesehen. Sie habe dann gekündigt, "weil ich befürchtet habe, dass mit der Abrechnung etwas falsch läuft".

Sie habe sich aber nicht getraut, etwas zu sagen. Immerhin sei sie erst 25 Jahre alt gewesen. Drei Jahre nach ihrem Weggang erstattete sie schließlich eine anonyme Anzeige, die die Ermittlungen ins Rollen brachten. Mit der gerade stattfindenden Listenerstellung für die folgende EU-Wahl hatte dies nichts zu tun, versicherte sie gegenüber Seebers Verteidiger Markus Orgler.

Vorgänge "seltsam"

Eine weitere Ex-Assistentin fand die Vorgänge im Brüsseler Büro "seltsam". Es habe sie irritiert, wie jemand – also der Zweitangeklagte – "so eine breite Expertise" haben könne. Es habe sie "nicht losgelassen", gleichzeitig befürchtete sie aber, dass sie sich hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft "etwas kaputtmachen" könnte. Seeber sei immerhin eine "Person des öffentlichen Interesses", teilte sie ihre Bedenken mit.

Ebenfalls nichts von der Beratungstätigkeit mitbekommen hatte ein ehemaliger Assistent des früheren ÖVP-Politikers. Er arbeitete zwischen 2005 und 2007 im Büro des Abgeordneten und musste regelmäßig, etwa einmal die Woche, Telefongespräche zwischen Seeber und dem Zweitangeklagten herstellen. Rechnungen des angeblichen Beraters habe er aber nie gesehen.

Bis zu zehn Jahre Haft

Fünf weitere Zeugen sagten am Mittwoch vor Gericht aus, andere wiederum erschienen nicht. Zwei weitere für das Gericht relevante Zeuginnen sollen daher erneut geladen werden – der nächste Verhandlungstermin ist noch unklar.

Im Falle einer Verurteilung drohen Seeber und dem Zweitangeklagten ein bis zehn Jahre Haft. Die EU-Gelder sollen direkt auf das Konto des Beraters und dessen Tochter überwiesen worden sein. (APA, 20.10.2021)