Mit dem Umbau des Hohen Platzes begann in Wolfsberg ein langjähriger Sanierungsprozess, der die Stadt im Kärntner Lavanttal vor allem für junge Bewohner wieder lebenswerter machen soll.

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So konnte es nicht weitergehen: Die Innenstadt verödete, 20 Prozent der Immobilien in der City standen im Parterre leer, nur einige wackere Geschäftsleute hielten noch durch. Der Hohe Platz, das historische Zentrum der Kärntner 25.000-Einwohner-Stadt Wolfsberg, war ständig vollgeräumt mit parkenden Autos.

Die Stadtregierung holte schließlich – es ist schon einige Jahre her – Architekten, Soziologen und auch Städtebaustudenten und -studentinnen der Technischen Universität Graz ins Haus, um mit ihnen zu beraten, wie die Stadt wieder in Schwung gebracht und vor allem lebenswerter gemacht werden könnte.

Die Wiederbelebung startete mit einer Problemanalyse, die ähnlich wie in allen Städten ausfiel: Der Verkehr ist überbordend, schnürt die Stadt ein, die Jungen ziehen weg, der innenstädtische Lebensraum wird leer und unattraktiv.

"Wir begannen, mit den Bewohnern über eine Neuaufteilung des Raumes in der Stadt zu verhandeln", sagt der gebürtige Wolfsberger Architekt Johannes Wohofsky.

Leerstände gefüllt

Es folgte die notwendige städtebauliche Operation am Herzen der Stadt, dem Hohen Platz. Die Hälfte der Parkplätze wurden gestrichen und damit endlich wieder mehr Bewegungsraum geschaffen.

Rainer Rosegger ist Soziologe und beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Themen und Prozessen der Stadt- und Regionalentwicklung. In Wolfsberg hat Wohofskys Partner Rossegger seinen Fokus auf das Problem der Leerstände gerichtet. Der Kniff, wie am Hohen Platz dieser Leerstand eliminiert wurde, klingt simpel: Die beiden Stadtentwicklungsexperten hatten in leeren Räumlichkeiten des Platzes eine "Stadtwerkstatt" eingerichtet, sozusagen die "Kommandozentrale" für die Erneuerung von Wolfsberg. Der Raum wurde auch anderen Interessenten und Initiativen wie einer Beratungsstelle für Migranten oder einem "Nähkränzchen" älterer Wolfbergerinnen überlassen. "Allmählich mussten wir mit unserer Werkstatt siedeln, weil die Räumlichkeiten wieder dauerhaft besetzt wurden, weil eben langsam ersichtlich wurde, dass sich die Innenstadt wieder anfängt zu beleben", sagt Rosegger.

Erfolgsmodell "Pop-up"

Nun sind alle ehemaligen Leerstände mit Modeboutiquen von aus Wien heimgekehrten Wolfsbergerinnen, von neuen Kaffeehäusern, einem Chilishop oder einem Laden für Küchenausstattungen mit neuer Geschäftigkeit gefüllt.

Geholfen hat natürlich auch die finanzielle Unterstützung von Stadt und Land für Pop-up-Initiativen, die für die ersten sechs Monate nur die Betriebskosten zu berappen hatten. So konnte sich etwa auch ein Yogastudio oder ein Friseur etablieren.

Wie überhaupt "Pop-up" ein Zugang für die Stadtentwicklung sei, der sich auch hier bewährt habe, sagt Rosegger. "Man muss nicht immer fertige Konzepte umsetzen, sondern man kann sich durchaus einen Freiraum geben für Veränderungen, die sich durch Interventionen und Wünsche der Bevölkerung ergeben", sagt der Soziologe.

Ein wichtiger Kollateralnutzen all der Initiativen: Es kommen die Jungen zurück. Das lasse sich aus den bisherigen Erhebungen und Befragungen klar ablesen, sagt Rosegger. Mit der neuen Attraktivität der Innenstadt werde das Zentrum wieder mehr von jungem Publikum und "Rückkehrern" bevölkert.

Eine Schubumkehr

"Wir haben in einige Bereichen wirklich eine Schubumkehr erreicht", unterstreicht Bürgermeister Hannes Primus. Der Hohe Platz, der noch vor wenigen Jahren von parkenden Autos zugestellt war, sei jetzt zur Begegnungszone geworden. Jeden Samstag findet dort ein Kultur- und Kulinarikmarkt statt, wofür das Areal sogar zur Fußgängerzone umfunktioniert wird. "Und plötzlich gibt es immer mehr Stimmen, die öfters und länger diese Fußgängerzone in der Innenstadt wollen", sagt Primus.

Der Weg der Stadterneuerung in Wolfsberg ist erst am Anfang. Im ISEK (Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept) sind nun 13 konkrete Projekte festgeschrieben, die bis 2030 auf den Boden gebracht werden sollen. So soll etwa im Zuge der Stadtsanierung auch ein unterirdisch fließender Bach zum Teil wieder an die Oberfläche geholt werden, sagt Bürgermeister Primus.

Der Masterplan 2030 für das neue Wolfsberg wurde Mittwochabend der Bevölkerung vorgestellt. (Walter Müller, 21.10.2021)