Nina Tomaselli, bei den Grünen für Finanzen, Kontrolle, Wohnen und Bauen zuständig, will wissen, ob es beim Auftrag für eine Gemeinde-App in Klaus mit rechten Dingen zuging und ob Bundesförderungen in einen Freundschaftsdeal flossen.

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Simon Morscher ist mit seinen 30 Jahren einer der jüngeren Bürgermeister Österreichs, in Vorarlberg ist er der zweitjüngste. Morscher, der die Liste "Zemma für Klus – Volkspartei und Parteifreie" anführte, steht seit Oktober letzten Jahres der 3.000-Einwohner-Gemeinde Klaus vor. Die Digitalisierung dürfte ein für ihn wichtiges Anliegen sein, denn schon wenige Wochen später beschäftigte er sich mit der Idee, eine Gemeinde-App programmieren zu lassen: Baustellen, Eventkalender, Problemmelder, Neuigkeiten der Gemeinde und andere Infos gesammelt am Smartphone.

Firmengründung nach Austausch

Nun, ein Jahr später, ist die App fertig und im Einsatz. Allerdings gibt es an der Entstehungsgeschichte Kritik. Einerseits habe Morscher nicht auf die anderen Gemeindevertreter gehört, andererseits habe er einem Parteifreund mit dem Auftrag Starthilfe für dessen Unternehmen geliefert. Die Grünen bringen nun eine parlamentarische Anfrage ein, weil auch Fördermittel des Bundes in die Entwicklung der App geflossen seien und die Optik ziemlich schief sei.

Seinen Anfang nahm alles Anfang Februar dieses Jahres. Damals gibt es ein erstes Gespräch zwischen dem Bürgermeister und Christian Zoll, der mit einem Partner an der Entwicklung einer Gemeinde-App arbeitete. Am 10. Februar berichtet Morscher dem Gemeindevorstand von dem Angebot, dort wird er gebeten, weitere Offerte einzuholen. Erst 14 Tage später wird das Unternehmen von Zoll, das später den Auftrag erhält und durchführen wird, ins Firmenbuch eingetragen: Die AZ Digitalisierungs GmbH.

Ein Patt im Gemeinderat

Zoll ist Mehrheitseigentümer und Geschäftsführer. Bis Juni war der Vorarlberger Büroleiter von Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP), seit Juli ist er zurück im Ländle als Geschäftsführer der Industriellenvereinigung (IV). Der studierte Jurist war Vorsitzender der Bundesjugendvertretung und bei der EU-Wahl 2019 für die JVP Spitzenkandidat. Auch Morscher ist bei der JVP aktiv – er sitzt in Vorarlberg im Vorstand. Die beiden Jungpolitiker kennen sich schon lange und sind befreundet.

Einen Tag nach der Eintragung ins Firmenbuch wird die App in der Gemeinde Klaus präsentiert. In der Sitzung vom 3. April wird dann über das Angebot der AZ Digitalisierung GmbH abgestimmt, ein Vergleichsangebot wurde nicht eingeholt. Das Votum geht mit drei zu drei Stimmen aus, was Bürgermeister Morscher als "Go" wertet, weil seine Ja-Stimme mehr zähle als jene der anderen Gemeindevorstände. Es geht dabei um einen Preis von 12.900 Euro Herstellungskosten plus monatlich zusätzlich 340 Euro.

Grüne wollen "Licht ins Dunkel" bringen

"Da der Bürgermeister klar gegen den Beschluss des Gemeindevorstands gehandelt hat, dürfte die Causa ein Fall für die Gemeindeaufsicht sein", sagt Nina Tomaselli, die bei den Grünen Sprecherin für Finanzen, Kontrolle, Wohnen und Bauen ist. Die Vorarlberger Abgeordnete bringt in der Causa nun eine parlamentarische Anfrage ein. "Die Vorkommnisse legen nahe, dass der Klauser Bürgermeister seinem JVP-Parteifreund Zoll Starthilfe für sein Start-up-Geschäft geben wollte. Wieder stellt sich die Frage, ob das im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler war, die für diese Starthilfe letztlich bezahlt haben", so Tomaselli. Und: "Da auch Fördermittel des Bundes in die Entwicklung der App geflossen sind, konfrontieren wir die fördergebenden Ministerien mit den Vorgängen in Vorarlberg, um etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen."

Auffallend ist an dem Fall auch, dass sowohl die Rechnungsnummern als auch die Website des Unternehmens darauf hindeuten, dass die Gemeinde Klaus bisher der einzige Kunde ist.

Unternehmer streitet Starthilfe ab

Zoll, der das Unternehmen neben seinem Geschäftsführerposten bei der Industriellenvereinigung betreibt, kann die Kritik nicht nachvollziehen. Seit 2018 arbeite er an der App. Im Zuge dessen sei er mit einigen Gemeinden in Kontakt gewesen. So habe auch Morscher davon erfahren. Einen Prototyp habe es schon vor ihrem Treffen gegeben, auch eine Förderung hätten Zoll und sein Partner bereits Ende 2020 bekommen. Von Starthilfe könne also keine Rede sein. Zunächst seien sie als Personengesellschaft tätig gewesen. Weil Gemeinden lieber mit GmbHs zusammenarbeiten würden, sei es zur Firmengründung gekommen. Für seinen "Hintergrund" könne Zoll nichts. (Lara Hagen, 25.10.2021)