Es wird wieder daran erinnert: Frauen verdienen weniger als Männer.

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Wien – Ab 25. Oktober arbeiten Frauen österreichweit statistisch gesehen bis Jahresende gratis. Die Aktionstage "Equal Pay Day" – auch im Frühjahr findet ein solcher statt – sollen darauf aufmerksam machen, dass Frauen noch immer weniger verdienen als Männer. Heuer sind es aufgerundet 68 Tage, die Frauen im Gegensatz zu Männern unbezahlt bis Jahresende weiterarbeiten, wenn man die durchschnittlichen Jahresbruttobezüge auf Basis von Zahlen der Lohnsteuerstatistik vergleicht.

Ein Grund für die Lohnschere ist beispielsweise die schlechtere Bezahlung in von Frauen dominierten Berufen. So liegt etwa das Einstiegsgehalt im Einzelhandel laut Kollektivvertrag bei 1.640 bis 1.740 Euro. Wer in der Elektrotechnik tätig ist, verdient hingegen zwischen 2.130 und 2.480 Euro. Als Gegenmittel gegen den Gender Pay Gap fordern die Grünen strengere Regeln bei der Lohntransparenz. So sollten in Österreich schon Unternehmen ab 35 Beschäftigten einen Einkommensbericht erstellen, in dem das durchschnittliche Entgelt von Frauen und Männern gegenübergestellt wird. Seit 2011 sollen Betriebe ab 150 Beschäftigten einen solchen Bericht erstellen. Als Vorbild gelten Länder wie Dänemark, Schweden oder Island, wo Unternehmen schon ab 25 oder 35 Beschäftigten nachweisen müssen, dass sie gleichwertige Arbeit gleich entlohnen. In Island sind ab 2022 auch Strafzahlungen für säumige Unternehmen geplant. Island hat eine Schere von rund 13 Prozent, in Dänemark liegt sie bei 14 Prozent – und ist damit auf einer Höhe mit dem EU-Durschnitt. Hierbei handelt es sich allerdings um Vergleiche der Bruttostundenlöhne im privaten Sektor, wo die Lohnschere aber generell größer ist als im öffentlichen Sektor.

Alle Lohnbestandteile berücksichtigen

Meri Disoski, Frauensprecherin der Grünen, kann sich auch Konsequenzen für Unternehmen vorstellen: "Wir schließen uns den Ideen der Gleichbehandlungsanwaltschaft an: Wenn aufgrund der Einkommensberichte festgestellt wird, dass Lohndiskriminierung stattfindet, müssen die Unternehmen Maßnahmen benennen und durchführen, die diese Lohndiskriminierung beenden." Wenn das nicht gelingt, wären Strafmaßnahmen nach isländischem Modell die Ultima Ratio.

Neben einer echten Verpflichtung – derzeit ist es de facto auch egal, wenn Unternehmen keine Einkommensberichte vorlegen – für deutlich kleinere Unternehmen als bisher, schlägt Disoski auch vor, dass künftig alle Lohnbestandteile berücksichtigt werden sollen. Etwa Bonuszahlungen oder Überstundenpauschalen. "Wir wissen, dass die in Österreich geltende Regelung zur Lohntransparenz nicht ausreicht", sagt sie. Die Vorschläge seien dem Koalitionspartner bekannt. Disoski hat den Vorstoß, Einkommensberichte schon ab 35 Beschäftigten einzuführen, auch schon beim heurigen Frühjahrstermin des Equal Pay Day deponiert.

Damals verwies Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) darauf, dass man sich im Regierungsprogramm auf den leichteren Zugang zu den Einkommensberichten für Beschäftigte geeinigt habe – für Unternehmen ab 150 Beschäftigten. Daran wolle sie festhalten. Für eine aktuelle Stellungnahme war Susanne Raab nicht zu erreichen.

Traditionelle Arbeitsteilung

Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Familie der Arbeiterkammer Wien, sieht Handlungsbedarf bei der Bewertung von Berufen und den geringeren Aufstiegschancen für Frauen, die wiederum oft mit der noch immer traditionellen Rollenverteilung der Eltern zusammenhängen. Noch immer übernimmt bei acht von zehn Eltern die gesamte Karenz die Frau. Stetiges Problem seien auch die Lücken beim Kinderbetreuungsangebot. Moritz verweist daher auf die Forderung der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung nach einer Milliarde mehr für Kinderbetreuung und einem Rechtsanspruch ab dem 1. Geburtstag. Von der Arbeiterkammer wurde kürzlich auch das Modell der "Familienarbeitszeit" gefordert. Eltern kommen derzeit auf 60 Stunden Lohnarbeit pro Woche, meistens liegt der höhere Anteil der Lohnarbeit bei den Männern, der höhere Anteil der unbezahlten Familienarbeit bei den Frauen. Das Modell sieht einen Anreiz von 250 Euro für beide Elternteile vor, wenn beide Elternteile zwischen 28 und 32 Stunden arbeiten. Wichtig sei laut Moritz auch eine kollektivvertragliche Mindestlohnpolitik, "davon profitieren Frauen besonders".

Immerhin: Die Lohnschere verkleinert sich, wenn auch langsam. Seit 2010 rückte der Equal Pay Day um 25 Tage weiter in Richtung Jahresende. (Beate Hausbichler, 25.10.2021)