Ob der Präsident nun Joe Biden oder Donald Trump heißt: Geht es um die eigenen Interessen, macht die US-Regierung, ganz gleich, von wem sie geführt wird, keine Gefangenen. Diese Erfahrung hat zuletzt auch Österreich machen müssen.

Mehrere europäische Länder sind ins Visier der Administration unter dem Demokraten Joe Biden geraten, weil sie große US-Digitalkonzerne wie Google und Facebook mit Sondersteuern belegt hatten. Unter den betroffenen Staaten war auch Österreich, wo 2020 eine noch unter der türkis-blauen Koalition fixierte Digitalsteuer eingeführt wurde. Die USA drohten als Gegenschlag an, Strafzölle auf diverse Einfuhren zu verhängen. Im Juni 2021 hat Washington davon Abstand genommen, um einer Lösung über den Verhandlungsweg den Vorzug zu geben.

Diese Einigung ist nun erzielt worden: Nach Angaben des Finanzministeriums in Wien haben sich die USA mit fünf europäischen Ländern, neben Österreich sind das Frankreich, Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich, auf eine Vereinbarung verständigt. Die USA werden keine Strafzölle einheben. Im Gegenzug werden die genannten Länder ihre Digitalsteuern abschaffen – und zwar dann, wenn parallel dazu eine globale Steuerreform in Kraft tritt.

Facebook und Google werden künftig in einen Steuertopf einzahlen müssen.
: AFP / Josh Edelson

Worum es geht: Im Rahmen der Industriestaatenorganisation OECD wird über ein neues Regime zur internationalen Besteuerung von Unternehmen diskutiert. Eine Säule dieses Abkommens ist, dass künftig eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent gelten soll, um Steueroasen trockenzulegen.

Interessant im Streit zwischen den europäischen Ländern und den USA ist aber die andere Säule dieses Abkommens. Diese sieht vor, dass große, besonders profitable Unternehmen einen Teil ihrer Gewinne auch in jenen Ländern versteuern müssen, in denen sie keinen Sitz haben. Die Eckpunkte der Vereinbarung sehen so aus: Konzerne mit einem globalen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Dollar im Jahr werden erfasst werden.

Sie müssen einen Teil ihrer Profite in einen globalen Steuertopf einzahlen. Und zwar 25 Prozent von jenem Gewinnteil, der über einer Profitmarge von zehn Prozent liegt. Betroffen von der Regelung wären auch Digitalkonzerne wie Facebook, Google und Apple. Das Geld in diesem Topf wird dann unter jenen Ländern aufgeteilt, in dem die erfolgreichen Konzerne zwar Umsätze erwirtschaften, aber keine Gewinnsteuern zahlen. Das ist der Fall, wenn die Unternehmen in einem Land keinen Sitz haben.

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150 Milliarden Dollar an Gewinnen von Multis sollen künftig auf viele Länder aufgeteilt werden.
Foto: Reuters/Maxim Shemetov

Die OECD erwartet, dass etwa 100 Unternehmen in den Topf werden einzahlen müssen. Pro Jahr dürften zu Beginn etwa 150 Milliarden Dollar zusammenkommen. Österreich wäre eines der Länder, die Beträge aus dem Topf nachversteuern könnten, etwa im Fall von Google.

Bedingung der USA für diese Lösung war aber, dass nationale Digitalsteuern abgeschafft werden.

Wann das neue Modell der globalen Konzernbesteuerung kommt, ist unsicher. Im Wiener Finanzministerium wird als mögliches Startdatum Mitte 2023 genannt. Zunächst müssen die rechtlichen Grundlagen in den einzelnen Staaten geschaffen werden. Unsicher ist vor allem, ob der US-Kongress überhaupt zustimmt.

Sonderregel für die Übergangszeit

Für die Übergangszeit, bis die neuen Regeln greifen, haben die USA, Österreich und die übrigen europäischen Länder eine Sonderregel vereinbart. Sollten die Länder mehr Geld aus der Digitalsteuer einnehmen, als ihnen aus dem Topf von diesen Unternehmen zusteht, wird der Betrag den betreffenden Konzernen später gutgerechnet.

Heuer sollen sich die Einnahmen aus der Digitalsteuer in Österreich auf 70 Millionen Euro belaufen, im kommenden Jahr auf 80 Millionen.

Wie bewerten Experten die Einigung? Der Steuerberater Gottfried Schellmann spricht von einem sinnvollen Schritt. Die Besteuerung der Digitalkonzerne werde künftig multilateral geregelt, deshalb sei für eine Digitalsteuer, wie Österreich sie eingeführt habe, kein Platz mehr. (András Szigetvari, 21.10.2021)