Wer mit Klima-"Green Claims wirbt, muss sehr aufpassen, dass die Behauptungen belegt sind und kein unlauterer Wettbewerb betrieben wird. Die Gerichte urteilen hier streng.

Illustration: Davor Markovic

Klimaneutral", "recycelbar", "nachhaltig", "umweltfreundlich": Umweltbezogene Werbung mit "Green Claims" erfreut sich in der Werbe- und Marketingbranche großer Beliebtheit. Die Werbebotschaften sprechen emotional an, sie appellieren an den verantwortungsvollen Konsum und sind im Zeitalter eines gesteigerten Umweltbewusstseins innerhalb der Bevölkerung ein wesentliches Kaufargument.

Oft und schnell wird dabei der Vorwurf von "Greenwashing" laut. Darunter versteht man den Versuch von Unternehmen, sich durch werbewirksame PR-Maßnahmen, ökologische Projekte und Geldspenden als besonders umweltbewusst und umweltfreundlich darzustellen (so etwa die Definition im Duden), obwohl das kreierte Image und die Realität oft auseinanderklaffen. Aber wo endet die zulässige Darstellung, und wo beginnt der Rechtsverstoß?

Irreführung verboten

Der allgemeine Rechtsrahmen für umweltbezogene Werbung ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verankert, das verbindliche Verhaltensregeln für Marktteilnehmer enthält und unfaire Geschäftspraktiken untersagt.

Damit steckt es auch die Grenzen der zulässigen Werbekommunikation ab. Eine zentrale Bestimmung ist das generelle Verbot der Irreführung durch unrichtige oder zur Täuschung geeignete Angaben, die zu einer Geschäftsentscheidung veranlassen können, die man andernfalls – also bei Kenntnis der wahren Umstände – nicht getroffen hätte.

Wer etwa auf Regionalität und kurze Transportwege achtet, will, dass die Ankündigung "Hergestellt in Österreich" oder "Made in Austria" – ob bei Lebensmitteln oder FFP2-Masken – tatsächlich stimmt. Wo "Bio" draufsteht, sollte auch wirklich Bio drin sein. Ansonsten entscheidet man sich möglicherweise doch für ein anderes Produkt.

Die Gerichte haben das allgemeine Irreführungsverbot weiter konkretisiert und bereits mehrfach entschieden, dass mit Umwelthinweisen nur geworben werden darf, wenn sie eindeutig belegt sind und eine Irreführung der umworbenen Verbraucher ausgeschlossen ist. Häufig sind daher aufklärende Hinweise unumgänglich. Eine Irreführung kann nämlich nicht nur durch falsche, sondern auch durch fehlende Informationen aufgrund eines unrichtigen Gesamteindrucks entstehen.

"Klimaneutral" – aber wie?

Wird ein Produkt als "CO2-neutral" oder "klimaneutral" beworben, so ist darauf hinzuweisen, wenn die Klimaneutralität allein durch Kompensationsleistungen erzielt wird (OGH 28.11.2012, 4 Ob 202/12b). Bei fehlender Aufklärung könnten zumindest die angesprochenen Konsumenten davon ausgehen, dass die beworbene Produktion oder Leistung ganz ohne Ausstoß von Treibhausgasen oder eine faktische Reduktion erfolgt.

Ein anderes Unternehmen bewarb seine Handspül-Plastikflaschen damit, dass sie zu 50 Prozent "aus Plastik aus dem Meer" bestehen. In Wahrheit wurde das Plastik nach den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro an Stränden, Flussufern und Wasserläufen einer Bucht gesammelt. Es war aber unklar, ob es zuvor im Meer umhergetrieben und von dort angeschwemmt worden war. Der OGH bejahte auch in diesem Fall eine Irreführung, weil die Ankündigung suggeriert, dass das Plastik tatsächlich aus dem Meer stammt und zurückgeholt wurde (OGH 23.08.2018, 4 Ob 144/18g).

Unklare und missverständliche Werbeaussagen sind daher zu vermeiden. Im Zweifel ist man zu Aufklärungen verpflichtet. Überdies sollte man belegen können, was genau eine bestimmte Werbeaussage wie etwa "umweltfreundlich produziert" bedeutet und auf welcher Grundlage die beworbenen Umweltvorzüge beruhen.

Es kann auch eine Klarstellung notwendig sein, ob die Umweltwerbung nur ein bestimmtes Produkt, Teile davon oder die Umweltleistung eines Gesamtunternehmens betrifft; denn Intransparenz kann nicht nur eine UWG-Klage nach sich ziehen, sondern auch schnell in negative PR und den Vorwurf der "Grünfärberei" umschlagen.

Vorsicht bei Zertifizierungen

Im Anhang zum UWG sind weitere, besonders verpönte Geschäftspraktiken ("Schwarze Liste") verankert. Dazu gehört die Verwendung von Güte- und Qualitätskennzeichen, die typischerweise in einem Zertifizierungsverfahren – wie etwa FSC-Standards für verantwortungsvolle Waldwirtschaft – vergeben werden, falls man über die dafür erforderliche Genehmigung nicht verfügt. Solche Zeichen dürfen normalerweise nur mit Zustimmung der vergebenden Stelle verwendet werden.

Unzulässig ist es auch, mit einer Zertifizierung zu werben, obwohl man die Voraussetzungen für die Verwendung gar nicht oder nicht mehr erfüllt. Die EU hat beispielsweise ein Eco-Management-System für Organisationen entwickelt, die ihre Umweltleistung verbessern wollen (Eco Management and Audit Scheme – Emas). Organisationen, die von einem Umweltgutachter überprüft werden, können sich in das Emas-Register eintragen lassen und das Emas-Logo verwenden. Gegen eine rechtswidrige Logo-Nutzung könnte gleichfalls auf Grundlage des UWG vorgegangen werden.

Auf Vergleichbarkeit achten

In bestimmten Branchen und Bereichen gibt es besondere Rechtsvorschriften für Ankündigungen zum Umweltschutz. Man denke bloß an die EU-Bio-Verordnung 834/2007 über die Produktion und Kennzeichnung ökologischer oder biologischer Erzeugnisse. Spezialvorschriften gibt es auch für Behauptungen zu "Energieeffizienz".

Besondere Vorsicht ist schließlich bei vergleichenden Behauptungen zum Umweltschutz geboten. Wer etwa als "umweltfreundlicher" auftreten möchte, muss dabei nicht nur auf eine aktuelle Datenlage, sondern vor allem auf die Vergleichbarkeit achten.

Unternehmen sind jedenfalls gut beraten, ihre grünen Behauptungen im Vorfeld mit einer ausreichenden Grundlage abzusichern. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Werbe-Compliance, die gerade im Bereich der Umweltwerbung besonders wichtig ist; denn die Maßstäbe der Gerichte sind sehr streng, und oft können einzelne Formulierungen über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Werbemaßnahme entscheiden. (Katharina Majchrzak, Magazin "Wirtschaft & Recht", 29.10.2021)