Sie sind wieder da. Nachdem man quasi einen ganzen Sommer lang Ruhe von ihnen und ihrer unendlichen Anzahl an Beinen hatte, sind sie ab jetzt wieder auf der Suche nach jedem noch so kleinen Hauch Wärme, den sie finden können. Die Rede ist von: Spinnen.

Es ist etwas her, da lauerte mir eine unter dem Vordach meines Wohnhauses auf. Kein Problem, dachte ich mir, kurz drunter hergeduckt, elegant vorbeigeschlittert, schon stand mir die weite Welt offen. Ich hatte aber nicht bedacht, dass es sich die Spinne während meiner Abwesenheit woanders gemütlich machen könnte. Das tat sie. Und zwar im Türrahmen, genau über dem Schlüsselloch.

Ich schwöre es Ihnen, ich habe es versucht. Habe mich mit Schlägen auf die Brust, wie ein Gorilla, auf die Prüfung vorbereitet. Mir selbst gut zugeredet. Eye of the Tiger von Survivor gehört. Doch als ich dem Schlüsselloch näher kommen wollte, war da diese innere Blockade beim Anblick des achtbeinigen Vertreters.

Everybody has their thing

Rettung kam in Form meiner Nachbarin. Sie öffnete die Tür von innen, und ich schrie: "SO BLEIBEN, ICH SPRINTE DURCH!" Das hat wunderbar funktioniert. Sie sagte mir, sie hole jetzt ihren Kater, der würde sich drum kümmern. Das wollte ich aber nicht mitansehen. Am nächsten Morgen war die Spinne jedenfalls nicht mehr da.

Und erst kürzlich, in Rotterdam, hatte ich eine im Hotelzimmer sitzen. Auch sie war mir zu groß, also rief ich voller Scham unten in der Rezeption an und fragte, ob sich jemand darum kümmern könnte.

Ich entschuldigte mich tausendfach bei dem Herrn, der vorbeikam und mit der Spinne kurzen Prozess machte, denn das war mir wirklich peinlich. Er lächelte nur und sagte: "Don’t worry, everybody has their thing."

Und wie recht er doch hat. (Thorben Pollerhof, 22.10.2021)