Winkler zeigte sich im Gerichtssaal geständig, auf seinem Youtube-Kanal fühlt er sich "ungerecht" behandelt.

Foto: Screenshot, Drachenlord

Rainer "Drachenlord" Winkler provoziert gerne. Nicht im Privaten, sondern auf seinem 160.000 Abonnenten starken Youtube-Kanal. Nachdem er in den letzten Jahren mehrmals seine Community zu direkten Konfrontationen vor seiner Haustür aufgefordert hatte, wurde Winkler am Donnerstag wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Taschenlampen-Gate

Mit einer Taschenlampe bewaffnet soll Winkler vor drei Jahren auf einen Jugendlichen losgegangen sein, der ihn vor seinem Haus in der 40-Einwohner-Gemeinde Altschauenberg besucht hatte. Eingeladen war das Opfer nicht – genau wie die 60 "Hater", die sich am Donnerstag vor dem Gerichtssaal in Nürnberg mit Bierflaschen und Masken in Feierlaune zeigten.

"Dieses Verfahren ist ein trauriges Beispiel dafür, welche Folgen Hass und Mobbing im Internet haben", sagte die Richterin am Donnerstag bei der Urteilsverkündung. Die Schuld für die Geschehnisse sieht sie allerdings nicht alleine beim Verurteilten – Winkler sei Täter und Opfer zugleich. Dennoch belasten sieben Anklageschriften für Vergehen im Zeitraum 2019 bis 2021 den Youtuber schwer, der sich im Gerichtssaal auch geständig zeigte.

Lange Vorgeschichte

Seit fast genau zehn Jahren stellt der 32-Jährige Videos auf diverse Social-Media-Plattformen. Dabei provoziert er immer wieder und verschaffte sich so in der Community schnell Antipathie. 2014 veröffentlichte Winkler seine Adresse und lud Leute, die ihn online beschimpften, zu sich nach Hause ein. Dem Aufruf folgten seitdem zahlreiche Menschen, die den Youtuber wortwörtlich belagern und bedrohen. Schon mehrmals kam es aufgrund dieser Zusammentreffen zu körperlichen Auseinandersetzungen.

Vor zwei Jahren musste sich Winkler deshalb bereits vor Gericht verantworten, nachdem er einen der Belagerer mit einem Pfefferspray attackiert hatte. Damals kam er mit einer Bewährungsstrafe davon. Die Verlagerung von Hass im Netz auf die reale Straße zeigte sich in den letzten Jahren auch in anderen Fällen, aber der Fall "Drachenlord" sei ein "herausragendes Beispiel" für dieses Phänomen, wird der Medienwissenschafter Christian Gürtler auf "Heise" zitiert. Im Normalfall gingen Influencer mit ihrer Adresse sehr vorsichtig um, seien doch Auseinandersetzungen mit "Fans" vor dem eigenen Zuhause eher unerwünscht.

Bei der Verhandlung fragte die Richterin einen Zeugen, warum man dahin fahre? Dieser antwortete, dass er Winklers Äußerungen und seine Holocaustverharmlosungen leid sei. Allein um Zivilcourage gehe es den meisten dennoch nicht. Das mittlerweile von dieser Szene als "Drachengame" bezeichnete Spiel rund um Voyeurismus und Aggression, hatte sich in den letzen Jahren hochgeschaukelt. Winkler profitierte von den Klicks, die ihm ein gutes Einkommen verschafften, die "Hater" genossen die Beschimpfungen und die Drohungen vor Ort.

Winkler betont in seinen Videos immer wieder, wie sehr er von seinen "Hatern" mit Hass torpediert wird. Sein Lösung, die Konfrontation in der Offline-Welt zu suchen, hat sich als wenig hilfreich für alle Beteiligten herausgestellt.

Drachen Lord

Stellungnahme

Auf Youtube stellte Winkler am Freitag eine Stellungnahme zu den Geschehnissen. Darin zeigt er sich zwar nicht reumütig, dennoch scheinen ihm die vergangenen Tage zugesetzt zu haben. Er könne wegen der "Hater" sehr schlecht schlafen – das Urteil ist ihm zufolge "ungerecht", schließlich habe er die Leute nicht zu sich eingeladen. Er sei es, der ständig "verbal, körperlich und psychisch angegriffen wird". Er habe sich bereits gegen Attacken mit Schlagstöcken und Messern verteidigen müssen, aber nur er alleine stehe vor Gericht. Sein Kanal sei provokant gewesen, das gibt er zu, aber am Ende versuche er auch nur, sein Leben zu leben.

Vor Gericht gab Winkler an, sein Haus verkaufen und umziehen zu wollen. Seine Internetaktivitäten werde er künftig einschränken, verspricht er. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (aam, 22.10.2021)