Für die Polizei ist auch nach den großen Demos der sogenannten Querdenker genug zu tun. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Medien werden vermehrt zum Ziel von Angriffen.

Foto: Robert Newald

Die rechtsextreme und neonazistische Szene in Österreich tritt seit Beginn der sogenannten Querdenker-Demos selbstbewusster und aggressiver auf. Nicht nur bei den Demos selbst, sondern auch bei der linken Szene nahen Veranstaltungen oder etwa gegenüber der Österreichischen Hochschülerschaft an der Uni Wien, wo eine Gruppe Rechtsextremer in einem Büro einmarschierte und "die Antifa" suchte.

Zuletzt wurden Schmierereien und die Manipulation des Türschlosses bei einer Wohnung bekannt, die einem Investigativjournalisten zugeordnet wurde.

Das Innenministerium antwortete schriftlich auf Fragen des STANDARD zu der Causa. So wies ein Sprecher des Ministeriums darauf hin, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) "zwar laufend Einschätzungen betreffend verschiedene Personen oder Gruppierungen" vornehme, jedoch seien diese "im Regelfall der Öffentlichkeit aus ermittlungstaktischen Gründen nicht zugänglich". Zu konkreten Fällen könne man "aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft erteilen. Auch zu Fällen, die ein laufendes Verfahren betreffen, können keine Angaben gemacht werden."

Vernetzungen

Der Beobachtung, dass sich die Neonaziszene auf den Demos stärker mit Hooligans und anderen Gruppen vernetzte, widersprach man seitens des Ministeriums nicht, wiederholte aber nur bereits Bekanntes: "An den Demonstrationen gegen Covid-19-Maßnahmen nehmen in Österreich Personen aus den verschiedensten Teilen der Gesellschaft teil. Es ist aber seit Beginn der Covid-19-Proteste in Österreich zu sehen, dass Führungspersönlichkeiten aus der rechtsextremistischen Szene versuchen, diese Proteste für ihre Zwecke zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren. An den Protesten nehmen zudem auch rechtsextremistische Gruppierungen teil, teilweise werden auch Protestkundgebungen von Personen, die dem rechtsextremen Lager zuzuordnen sind, organisiert", heißt es in der Antwort an den STANDARD.

Kein besonderer Schutz

Der von mehreren Seiten kritisierte Umstand, dass sich Medienvertreter nicht genügend geschützt fühlen und etwa Beamte, die auf Demos eigens für Medienvertreter als Ansprechpartner installiert wurden, die Lage nicht entschärften, wird vom Ministerium wie folgt kommentiert: Die hiesigen Staatsschutz-, Polizei- und Sicherheitsbehörden würden "auch weiterhin einschlägige Szenen und deren Aktive im Rahmen der rechtlich vorgesehenen Möglichkeiten beobachten, extremistische Straftaten und Netzwerke intensiv bekämpfen und bei jeglichem Verdacht auf strafrechtlich relevante Handlungen nach den gesetzlichen Bestimmungen einschreiten und diese Taten zur Anzeige bringen".

Für die von Neonazis und Querdenkern als "Lügenpresse" beschimpften und virtuell wie auf der Straße bedrohten Journalistinnen und Reporter ist offenbar keine gesonderte Unterstützung geplant. "Der Schutz der Bevölkerung wird sehr ernst genommen, er gilt für alle Bürgerinnen und Bürger und nicht nur für einzelne Gruppen", heißt es aus dem Ministerium.

Meldetool für Medien von Zara

Die Melde- und Beratungsstelle des Vereins Zara, der mit seiner Arbeit gegen Diskriminierung und für Zivilcourage auftritt, hat indes heuer gemeinsam mit dem Presseclub Concordia ein eigenes Meldetool für Journalistinnen und Journalisten, die bedroht werden, online gestellt.

Mit dem Tool möchten man speziell, aber nicht nur Onlinegewalt dokumentieren, heißt es vom Verein. Durch das Dokumentieren und das jährliche Analysieren der anonymisierten Meldungen wolle man künftig stärker und regelmäßig auf das Phänomen aufmerksam machen, da solche Angriffe als "gleichzeitig besorgniserregende Angriffe auf die Pressefreiheit" erkannt werden müssten.

Das Tool auf der Seite von Zara gilt der Dokumentation, Beratung könnten Betroffenen aber ebenso erhalten, wenn erwünscht. Unter solchen Angriffen werden konkret "verbale wie körperliche Attacken, Untergriffe, Abwertungen, Drohungen oder schwere Beleidigungen im Internet bzw. im öffentlichen Raum" verstanden. Das Ausfüllen des Onlineformulars dauert etwa acht Minuten, die Anonymität wird gewährleistet. (Colette M. Schmidt, 22.10.2021)