Carolin Kebekus ist eine der bekanntesten Komiker*innen Deutschlands und fordert Frauen in ihrem neuen Buch "Es kann nur eine geben" dazu auf, sich zu vernetzen.

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Bei der Originalversion der Kinderserie "Die Schlümpfe" gibt es eine Reihe von Charakteren: etwa den griesgrämigen Muffi Schlumpf, den besserwisserischen Schlaubi Schlumpf, den tollpatschigen Clumsy Schlumpf, den schläfrigen Fauli Schlumpf oder Papa Schlumpf. Auch eine Frau gibt es in der Population, Schlumpfine. Sie hat allerdings als einzige keine besonderen Eigenschaften. "Sie ist eine Frau. Das war's", meint die deutsche Kabarettistin Carolin Kebekus. In ihrem neu erschienenen Buch "Es kann nur eine geben" (Kiepenheuer & Witsch, 2021) nimmt die Comedienne satirisch und scharfsinnig die Benachteiligung von Frauen in männerdominierten Bereichen auseinander – und fängt damit in der Kindheit und bei gewachsenen Strukturen an.

Frauen werde das Gefühl gegeben, dass es nur "die eine, die Schönste, die Auserwählte" schaffen könne, dass in vielen Bereichen nicht Platz für alle sei, meint Kebekus. Das basiere unter anderem auf fehlenden Vorbildern und Identifikationsfiguren. Womit wir wieder bei den "Schlümpfen" wären: Die Künstlerin nennt die Kinderserie als Beispiel dafür, dass der Platz für Frauen offenbar begrenzt ist. Geschichten mit vielfältigen Frauenbildern und solche, in denen Frauen oder Mädchen Gefährtinnen haben, hätten in ihrer eigenen Kindheit gefehlt, schreibt sie. So hätte etwa keine einzige Prinzessin in Grimm'schen Märchen oder alten Disneyfilmen eine besondere Fähigkeit gehabt. Sie seien passiv und austauschbar gewesen, gezählt habe nur eines: Sie waren schön. Und das habe schon gereicht.

Die eine oder keine

Daran hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig geändert: Auch in jüngeren Filmen und Serien haben Frauenfiguren bedeutend weniger Sprechanteil als männliche Figuren, wie mehrere Studien belegen. Und noch immer kommt es vor, dass in Gruppen nur eine einzige weibliche Figur vorkommt, etwa in der Serie "Paw Patrol". Zudem sind selbst in Kinderserien Frauenfiguren sexualisiert und unnatürlich dünn. Jungen Mädchen sendet das eine bestimmte Botschaft, meint Kebekus: "Entweder du bist die eine, die Schönste, die Auserwählte, oder du findest schlichtweg nicht statt."

Die 41-jährige Kölnerin will in ihrem Buch mit den Vorurteilen um Stutenbissigkeit und weibliche Missgunst aufräumen – oder sie zumindest erklären. Sind Frauen unterrepräsentiert, kämpfen sie untereinander um den einen Platz, der ihnen zugestanden wird. Die Benachteiligung in den unterschiedlichsten männerdominierten Bereichen belegt Kebekus mit Daten und Fakten – sei es in Medien, im Arbeitsleben oder in der Wissenschaft, die etwa großteils auf Daten von Männern basiert. Bekannte Beispiele dafür sind Medikamentenstudien oder Crashtest-Dummys, die dem männlichen Körperbau nachempfunden sind. Die Erkenntnisse sind nicht unbedingt neu, Kebekus bringt sie aber direkt, satirisch überspitzt und damit sehr eingängig auf den Punkt.

Auch in ihrer Show nimmt Kebekus feministische Themen auf.
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Vom Platzmangel profitiert

Besonders interessant wird es dann, wenn es um Kebekus' Erfahrungen in der Unterhaltungsbranche geht. So erzählt die Comedienne etwa, wie ihr in Mixed Shows, in denen mehrere Komiker*innen ihr Stand-up-Programm vor demselben Publikum vorführen, ein Platz verwehrt wurde, weil es schon eine andere Frau im Line-up gegeben habe – selbst wenn noch mehrere Plätze frei waren. Shows nur mit Frauen wurden immer als "Ladies Night" betitelt, Mixed Shows ohne Frauen – also mit reinem Männer-Line-up – galten und gelten dennoch als "normale Shows". Dabei gesteht sich Kebekus ein, dass sie selbst von dem Platzmangel für Frauen profitiert habe. Denn sie habe oft den Platz für "die eine Frau" bekommen, andere Frauen waren dadurch ausgeschlossen.

Carolin Kebekus mit Mariella Tripke, "Es kann nur eine geben", Illustrationen von Studio Mila, 18,50 Euro / 352 Seiten. Kiepenheuer & Witsch 2021
Foto: Kiepenheuer & Witsch

Bei all dem wird Kebekus nie belehrend. Sie spricht auch eigenes Konkurrenzdenken im beruflichen wie privaten Kontext an. "Ich lerne jeden Tag dazu, gerade was meine Geschichte als Frau und Feministin angeht", meint sie. Lange Zeit habe sie sich selbst als "das coole Mädchen" gesehen. Dadurch habe sie sich oft unsolidarisch verhalten und beispielsweise frauenfeindliche Witze in ihren frühen Shows gemacht. Auch als Feministin wollte sie sich lange nicht bezeichnen, obwohl sich schon früh durch ihre Auftritte ein feministischer roter Faden durchgezogen habe. Ihrem jüngeren Ich und anderen, die unter dem "Pick me"-Syndrom leiden, sage sie deshalb: "Du bist ganz genau wie andere Frauen und gleichzeitig trotzdem ganz anders."

Frauen positiv sehen

"Es kann nur eine geben" liest sich wie eine auf Papier gedruckte Stand-up-Show der Künstlerin, indem sie die systembedingten Ungerechtigkeiten lautstark auf die Spitze treibt und eine Forderung hinterlässt: mehr Solidarität unter Frauen. Diese könne durch Vernetzung, Mentoring, Vorbilder oder auch durch öffentliche Sichtbarkeit, etwa mit Gendern und Frauenquoten, gestärkt werden, schlägt die Comedienne vor. Und nicht zuletzt gibt die Deutsche allen Frauen einen Rat, der – wie das Buch an mehreren Stellen verdeutlicht – nicht immer so leicht anzunehmen ist, wie er sich anhört: "Versuche, Frauen positiv zu sehen." (Davina Brunnbauer, 25.10.2021)