Man sieht schnell: Will man das beste Bild, ist der Betrachtungswinkel relativ eng.

Foto: STANDARD/Manakas

Ein scharfes Bild, naturgetreue Farben und im besten Fall eine Bildwiederholrate von 120 Hz: Die Anforderungen an moderne Smart-TVs, aber auch die Auswahl unterschiedlicher Hersteller wächst von Jahr zu Jahr. Neben den Topmodellen mit Oled- oder Mini-Led-Panels setzen viele Hersteller aber weiterhin auf LCD-Technologien wie Qled. Meist fehlt außerdem auch heute noch ein Hdmi-2.1-Port.

Einer von ihnen ist die österreichische Firma Streamview, die unter dem Markennamen Nokia seit kurzem einen 65 Zoll großen 4K-Smart-TV mit Android TV im Sortiment hat. Um herauszufinden, wie sich die riesige Entertainment-Maschine im Alltag schlägt, hat der STANDARD den Nokia Qled Smart-TV getestet.

HDR 10, Dolby Vision und die Software

Liest man sich die auf dem Datenblatt vermerkten Features durch und vergleicht sie mit aktuellen Geräten von Sony, Samsung und Co, scheint sich der Preis von derzeit 1.200 Euro grundsätzlich in einem noch angemessenen Bereich zu bewegen. Das Panel löst mit 4K auf und hat eine Bildwiederholrate von 60 Hz. Für ein besonders lebendiges, kontrastreiches Bild unterstützt der Qled-TV außerdem HDR 10 (ohne Plus) und Dolby Vision, sofern die abgespielten Inhalte kompatibel sind.

Als Betriebssystem ist von Haus aus Android TV an Bord, was die Installation aller möglichen Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime und Disney Plus ermöglicht. Außerdem fungiert der Fernseher gleichzeitig als Chromecast, wodurch man Inhalte problemlos auch am Smartphone oder Tablet starten und dann am großen Bildschirm anschauen kann. Das Feature funktionierte im Test und in Kombination mit einem aktuellen iPhone und iPad stets verlässlich, sowohl Netflix- als auch Youtube-Videos wurden innerhalb weniger Sekunden abgespielt. Einziges Manko – an dem nicht der Fernseher schuld ist – ist, dass das Anschauen von 1080-p-Inhalten auf einem 65-Zoll-Display relativ wenig Spaß macht.

Bei der Suche nach dem perfekten Standort für den Fernseher muss bedacht werden, dass das Panel bloß eine Helligkeit von 350 Candela/Quadratmeter hat. Ist die Umgebung zu hell – es muss nicht mal direkte Sonneneinstrahlung sein –, werden Inhalte deshalb schnell schlecht erkennbar. Lichtquellen wie zum Beispiel Lampen spiegeln sich zudem sehr deutlich.

Sound: Okay

Die eingebauten Lautsprecher sind in Ordnung, hauen einen trotz integrierten Subwoofers im direkten Vergleich mit einer dedizierten Soundanlage allerdings nicht vom Hocker. Dennoch: Ist das Budget begrenzt, kann man sowohl für Gaming als auch das Filmschauen eine Weile ohne zusätzliche Hardware auskommen. Zur Not können außerdem Bluetooth-Kopfhörer gekoppelt werden. Im Test fiel allerdings auf, dass die verwendeten Sony-WH-1000XM4-Kopfhörer beim Neustart des Geräts immer wieder neu gekoppelt werden mussten, was sowohl umständlich als auch frustrierend ist.

Die Fernbedienung macht unterdessen, was sie soll. Die Tasten haben einen guten Druckpunkt, Netflix und Youtube können mit dedizierten Buttons direkt und ohne Umweg durch die Menüs gestartet werden. Etwas umständlich ist in dieser Hinsicht nur: Will man den Google Assistant nutzen, muss man sie extra als Peripheriegerät verbinden.

Bildqualität und Probleme

Aber nun zum Wichtigsten, der Bildqualität: Das Filmschauen, aber auch das Spielen in Kombination mit einer Xbox Series X und 4K- und HDR-kompatiblen Spielen macht Spaß. Zumindest unter bestimmten Voraussetzungen.

Nutzt man für ersteres die Android-Apps, also die eigentlichen Smart-Funktionen des Geräts, springt nämlich schnell die unnatürliche Farbdarstellung ins Auge. Gerade bei Netflix, ausprobiert mit unterschiedlichen Serien, liegt über Hauttönen teils ein orangener Schleier, die Lippen der Charaktere verschmelzen in vielen Szenen zu einem Einheitsbrei. Auffällig ist außerdem eine Artefaktbildung, die augenscheinlich wegen eines zu harten Übergangs der unterschiedlichen Farbnuancen zu entstehen scheint.

Natürlich, der erste Gedanke war: Das Panel ist schlecht konfiguriert, das wird sich schon verändern lassen. Zwar näherten sich die Farben nach wiederholten Versuchen an die Realität an – waren dafür bei Services wie Disney Plus und Prime Video unbrauchbar.

Auf dem Homescreen kann man die wichtigsten Apps anpinnen und angefangene Filme oder Serien weiterschauen.
Foto: STANDARD/Manakas

Apropos: Warum auch immer, scheint der Fernseher im Falle von Disney Plus nur einen Teil der verbauten Lautsprecher zu nutzen, wodurch man die Lautstärke deutlich hochdrehen muss, um überhaupt noch verstehen zu können, was eigentlich passiert. Außerdem klingt alles sehr blechern und undeutlich. Die Prime-Video-App ist in der Bedienung unterdessen so langsam, dass man eher einen Wutausbruch hat, als dass man tatsächlich eine Filmauswahl trifft – obwohl der verbaute Prozessor ansonsten für relativ flüssige Bedienung sorgt.

Auch Software-Updates, mit denen man die Probleme hätte angehen können, gab es im Laufe des mehrwöchigen Testzeitraums nicht. Weder für das Betriebssystem selbst noch für die installierten Apps.

Eine ungewöhnliche Problemlösung

Zu lösen war all das, zumindest teilweise, nur auf einem indirekten Weg, der den Sinn der Smart-Features des Fernsehers – wenn man das beste Bild will – leider in Frage stellt. Denn: Beim Streaming über die Xbox Series X und dort installierte Apps ist das Bild deutlich sauberer, die Performance der Streaming-Apps einwandfrei und die Soundausgabe fehlerfrei. Zwar muss man auch hier einen Abstecher in die Einstellungen machen, um zum Beispiel die Sättigung etwas herunterzuschrauben, allerdings ist die Darstellung von Anfang an deutlich angenehmer.

Auffällig ist außerdem, dass man nur bei Nutzung der Xbox darauf hingewiesen wird, dass Netflix Dolby-Vision-Inhalte anzeigt. Es scheint sich also um ein Softwareproblem zu handeln, für das im STANDARD-Test keine wirkliche Lösung gefunden werden konnte – außer weiteres Geld in Hardware zu investieren. Für alle, die schon eine aktuelle Gaming-Konsole daheim stehen haben, ist das natürlich kein Problem. Manch einem wird die fehlerhafte Farbwiedergabe vielleicht auch gar nicht auffallen. Alle anderen werden sich bei einem vierstelligen Preis allerdings wundern, wie das sein kann.

Schade drum

Denn: Eigentlich scheint das Panel solide zu sein, beim Spielen von 4K- und HDR-fähigen Games glänzen die Inhalte, die Farben sind kräftig und das Bild stets scharf. Schön wäre für Shooter natürlich eine Bildwiederholrate von 120 Hz und ein HDMI-2.1-Anschluss gewesen. Andererseits eignet sich ein 65-Zoll-Gerät sowieso nicht für kompetitive Settings.

Die Fernbedienung hat dedizierte Tasten, mit denen Netflix und Youtube gestartet werden können.
Foto: STANDARD/Manakas

Auch im Falle von Streaming, solange man das richtige Eingabegerät benutzt, kann sich das Bild sehen lassen. Umso trauriger scheint es, dass die Software, oder wo das Problem auch immer liegen mag, das Erlebnis trübt.

Fazit

Aufgrund der diversen Probleme für alle, die kein weiteres Geld in ein 1.200-Euro-Gerät investieren wollen, scheint der Nokia Qled TV ein allzu durchwachsenes System zu sein. Den eigentlichen Sinn eines Smart-TVs stellen diese Makel in den Hintergrund. Das ist schade um die eigentlich solide Hardware, insbesondere deshalb, weil die Fehlerquelle vermutlich in der Softwareintegration steckt. Eine Kaufentscheidung auf Basis der Hoffnung auf künftige Verbesserungen zu treffen scheint dennoch zu riskant. (Mickey Manakas, 24.10.2021)