Wird sich Robert Habeck von den Grünen als Finanzminister durchsetzen können?

Foto: EPA/CLEMENS BILAN

Berlin – Vor Beginn der inhaltlichen Koalitionsverhandlungen in Deutschland geht das Ringen zwischen Grünen und FDP um die Besetzung des Finanzministeriums weiter. FDP-Chef Christian Lindner stellte zwar am Donnerstagabend im ZDF klar, dass über Ressorts zwischen den Ampelparteien SPD, Grüne und FDP noch nicht gesprochen worden sei. Aber Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock betonte, dass auch ihre Partei hier Ambitionen habe.

"Natürlich sagen wir, wir wollen gestalten, wir möchten gerne das Finanzministerium besetzen", sagte Baerbock ebenfalls im ZDF. Sie erinnerte daran, dass die Grünen zweitstärkste Kraft in einer Ampelkoalition wären.

Die Grünen wollen Habeck, die FDP Lindner

Hintergrund ist, dass bei Koalitionsbildungen traditionell die zweitstärkste Kraft nach der Kanzlerpartei den Erstzugriff auf Ministerien erhält. Die "Tageszeitung" zitierte am Freitag den Grünen-Europapolitiker Rasmus Andresen, der angesichts der vereinbarten roten Linien der FDP mit der Absage an Steuererhöhungen darauf pochte, dass seine Partei die Kontrolle über die Finanzen haben sollte.

Es sei logisch, dass sie Co-Parteichef Robert Habeck für den besseren Finanzminister als FDP-Chef Lindner halte, sagte Baerbock. Auch der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold, Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz oder Parteivize Ricarda Lang hatten sich für Habeck ausgesprochen. Mehrere FDP-Politiker sagten dagegen, dass Lindner die beste Besetzung sei. Für die FDP, die in den Sondierungen den Verzicht auf Steuererhöhungen und eine Aufweichung der Schuldenbremse durchgesetzt hatten, gilt die Besetzung des Finanzressorts als zentraler Punkt. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte zu der Debatte gegenüber der Funke-Mediengruppe nur: "Es gibt eine Personalie, die geeint ist: Wir wollen, dass Olaf Scholz Kanzler wird. Alles weitere wird erst noch besprochen."

Bild nicht mehr verfügbar.

Oder kommt doch der Parteichef der liberalen FDP, Christian Lindner, zum Zug?
Foto: AP/Michael Sohn

Inhaltliche Handschrift bleibt Diskussionsthema

SPD-Co-Chef Norbert Walter-Borjans wies den Eindruck zurück, dass seine Partei in den Sondierungsvereinbarungen eigene Themen nicht durchgesetzt habe. Ohne soziale Sicherung, Mindestlohn, eine stabile Pension und bezahlbares Wohnen könnten die Menschen nicht mitgenommen werden bei den anstehenden Veränderungen in der Gesellschaft, sagte er am Freitag im ZDF. "Das sind schon sehr sozialdemokratische Themen, die Sie da finden." Zuvor hatte schon Grünen-Co-Chefin Baerbock gegen den Vorwurf abgewehrt, das Sondierungspapier trage keine grüne Handschrift. Am Freitag protestierten in mehreren deutschen Städten parallel zu den weltweiten Klimademonstrationen wieder Umweltaktivisten der Fridays-for-Future-Bewegung und forderten eine radikalere Klimapolitik.

Nach einer Klimaschutzdemonstration blockierten rund 200 Aktivisten in der deutschen Hauptstadt Berlin den Bereich vor der SPD-Parteizentrale. Drei Männer kletterten am Freitagnachmittag auf Ampel- beziehungsweise Laternenmasten. Zudem wurde vor dem Willy-Brandt-Haus ein Traktor abgestellt. Die Aktion wurde von Fridays for Future initiiert, teilte eine Sprecherin der Bewegung mit. Auch vor der Parteizentrale der Grünen versammelten sich laut Polizei Klimaschützer auf der Straße. Dort seien es 35 bis 40 Menschen gewesen, hieß es. (APA, 22.10.2021)