Die chemische Komposition von Planeten und ihren Zentralgestirnen ähneln einander – doch die Sache ist komplexer als angenommen.

Illustr.: NASA/JPL-Caltech

Dass das chemische Baumaterial von Sternen und den sie umkreisenden Planeten einander gleicht, ist eine naheliegende Vermutung unter Astronomen. Eindeutig waren die Beweise für diese Annahmen bisher allerdings nicht. Zwar lieferte ein internationales Forscherteam nun erstmals empirische Belege, dass dem tatsächlich so ist – doch zugleich widersprechen die neuen Erkenntnisse teilweise der langjährigen Meinung.

Sterne und Planeten entstehen aus demselben kosmischen Gas und Staub. Im Verlauf des Entstehungsprozesses kondensiert ein Teil des Materials und bildet Gesteinsplaneten, der Rest wird entweder vom Stern angehäuft oder wird Teil von Gasplaneten. Die Vermutung eines Zusammenhangs zwischen der Zusammensetzung von Sternen und ihrer Planeten ist daher plausibel und wird etwa im Sonnensystem durch die meisten Gesteinsplaneten bestätigt. Allein Merkur bildet hier eine Ausnahme.

Beweise und Widersprüche

Dennoch erweisen sich Annahmen, insbesondere in der Astrophysik, nicht immer als wahr. Eine Studie unter der Leitung des Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço (IA) in Portugal, an der auch Forschende des NFS PlanetS der Universität Bern und der Universität Zürich beteiligt sind, liefert einerseits den ersten empirischen Beweis, widerspricht ihr aber auch in gewisser Hinsicht.

Um herauszufinden, ob die Zusammensetzung von Sternen und ihren Planeten zusammenhängt, verglich das Team sehr präzise Messungen von beiden. Bei den Sternen wurde ihr ausgestrahltes Licht gemessen, das den charakteristischen spektroskopischen Fingerabdruck ihrer Zusammensetzung trägt. Die Zusammensetzung der Gesteinsplaneten wurde indirekt bestimmt: Aus ihrer gemessenen Masse und Radius wurden ihre Dichte und Zusammensetzung abgeleitet. Erst in jüngster Zeit sind genügend Planeten so genau vermessen worden, dass aussagekräftige Untersuchungen dieser Art möglich sind.

Berner Modell

"Doch da Sterne und Gesteinsplaneten sehr unterschiedlicher Natur sind, konnten wir ihre Zusammensetzung nicht direkt vergleichen", erklärt Christoph Mordasini, Mitautor der Studie, Dozent für Astrophysik an der Universität Bern und Mitglied des Forschungsschwerpunkts NFS PlanetS. "Stattdessen haben wir die Zusammensetzung der Planeten mit einer theoretischen, heruntergekühlten Version ihres Sterns verglichen. Während der größte Teil des Sternmaterials – vor allem Wasserstoff und Helium – bei der Abkühlung als Gas verbleibt, kondensiert ein kleiner Teil, der aus gesteinsbildendem Material wie Eisen und Silikat besteht", erklärt Mordasini.

An der Universität Bern wird seit 2003 das "Berner Modell der Entstehung und Entwicklung von Planeten" laufend weiterentwickelt. "Wir kombinieren in unserem Modell Erkenntnisse zu den vielfältigen Prozessen, die bei der Entstehung und der Entwicklung von Planeten ablaufen", sagt Mordasini. Mithilfe dieses Berner Modells konnten die Forschenden die Zusammensetzung die Gesteinsmaterials des heruntergekühlten Sterns berechnen. Das Resultat wurde dann mit den Gesteinsplaneten verglichen.

Nicht falsch, aber komplexer

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Annahmen bezüglich der Zusammensetzung von Sternen und ihrer Planeten nicht grundlegend falsch waren: Die Zusammensetzung von Gesteinsplaneten ist tatsächlich eng mit jener ihres Wirtssterns verbunden. Allerdings ist die Beziehung nicht so simpel, wie angenommen", sagt Vardan Adibekyan, Hauptautor der in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichten Studie und Wissenschafter am IA. Erwartet hatten die Forschenden, dass die Häufigkeit dieser Elemente im Stern die Obergrenze darstellt.

"Doch bei einigen der Planeten ist etwa die Eisenhäufigkeit im Planeten sogar höher als im Stern", meint Caroline Dorn, Mitautorin der Studie von der Universität Zürich. "Dies könnte auf gigantische Einschläge auf diesen Planeten zurückzuführen sein, bei denen ein Teil des äußeren, leichteren Materials abbricht, während der dichte Eisenkern zurückbleibt", so die Forscherin. Die Ergebnisse könnten den Forschenden daher Aufschluss über die Geschichte der Planeten geben.

Bewohnbarkeit beurteilen

"Die Ergebnisse dieser Studie sind auch sehr nützlich, um die Zusammensetzung von Planeten einzugrenzen, die auf der Grundlage der aus Masse- und Radiusmessungen berechneten Dichte angenommen wird", erklärt Mordasini. "Da mehr als eine Zusammensetzung zu einer bestimmten Dichte passen kann, sagen uns die Ergebnisse unserer Studie, dass wir die möglichen Zusammensetzungen mithilfe jener des Wirtssterns eingrenzen können", sagt Mordasini. Und da die genaue Zusammensetzung eines Planeten etwa darauf Einfluss hat, wie viel radioaktives Material er enthält oder wie stark sein Magnetfeld ist, kann sie darüber entscheiden ob der Planet lebensfreundlich ist oder nicht. (red, 25.10.2021)