Elīna Garanča als gefährliche Fürstin von Bouillon und Brian Jagde als Maurizio, den sie nicht mit Adriana teilen will...

Pöhn

Die Ersatznachrichten im Falle Anna Netrebko vorab: Die Sopranistin, die wegen einer Operation an der rechten Schulter geplante Auftritte in Wien nicht absolvieren kann, werden bei "Nabucco" Maria José Siri (1. und 6. 11.) und Saioa Hernández (9. und 12. 11.) vertreten – sie werden Abigaille verkörpern.

Ein andere Star aber erschien dieser Tage wie geplant auf der Bühne der Wiener Staatsoper: Elīna Garanča zeigte als gefährliche Fürstin von Bouillon, wie man Eifer- und Rachesucht zu dramatischen Spitzentönen von energetischer Vollendung bündelt. Ihrem Niveau gemäß vermag sich Garanča bei ihrem Rollendebüt natürlich auch subtil zurückzunehmen, ohne an Strahlkraft einzubüßen. Glanzvoll.

Kraft der Darstellung

Ihr gegenüber agiert mit Hingabe Ermonela Jaho als Adriana Lecouvreur. Sie verfügt über eine ausgiebig zelebrierte, subtile Pianokultur und eine darstellerische Kraft, die man veristisch glaubwürdig nennen kann – besonders, wenn es Richtung letales Ende geht. Wagte sie sich vokal aus dem Bereich des Leisen heraus, wirkte Jahos Stimme zwar etwas flatterhaft. Im extrem Dramatischen wiederum fiel dies jedoch nicht mehr negativ ins Gewicht. Eine tolle Gesamtperformance in jedem Fall.

Nobel daneben, jener Mann, um den die Damen streiten: Brian Jagde ist als Maurizio ein Tenor, der Kraft und Wohlklang zu mischen versteht, wobei auch Nicola Alaimo (als Michonnet) ebenfalls mit sehr kultivierter Linienführung seine rührende Zuneigung zu Adriana demonstriert.

Etwas überladen

Die historisch etwas überladene Inszenierung von David McVicar – mit ihren zumindest liebevoll ausgestalteten Ballettdetails – ist natürlich nicht darauf angelegt, die Darsteller besonders flexibel agieren zu lassen. Glaubwürdigkeit ergab sich also dann eher bei geschlossenen Augen, dem das Staatsopernorchester nicht im Wege stand.

Es gab sich unter der soliden Leitung von Asher Fisch nobel, wobei es dem Dirigenten bisweilen den Wunsch nach energetischem Überschwang erfüllte, was dann doch etwas gar polternd wirkte. Der Abend hatte aber insgesamt Dynamik und Charme. (Ljubisa Tosic,24.10. 2021)