Ab 1. November gilt flächendeckend die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss sich künftig regelmäßig testen.

Foto: Imago / MedienServiceMüller / Oliver Müller

Wenn ein Verfahren in weniger als einem Jahr bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) durchgefochten wird, dann ist die Angelegenheit entweder sehr wichtig oder die Entscheidung eindeutig. In einem aktuellen Urteil gegen einen Krankenpfleger dürfte beides zutreffen. Der Pfleger hatte sich der Testpflicht in Altersheimen widersetzt und wurde deshalb gekündigt – laut dem Obersten Gerichtshof zu Recht (OGH 14.9.2021, 8 ObA 42/21s).

Ab 1. November tritt nun österreichweit eine 3G-Pflicht am Arbeitsplatz in Kraft. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss sich künftig regelmäßig testen. Was aber, wenn Mitarbeiter die Tests verweigern? Können sie problemlos gekündigt oder sogar fristlos entlassen werden? Lässt sich das Urteil gegen den Pfleger nun auf alle Arbeitsverhältnisse übertragen?

Der Krankenpfleger war im November 2020 gekündigt worden, weil er sich weigerte, einmal wöchentlich und unabhängig von Krankheitssymptomen einen Corona-Test durchzuführen. Daraufhin zog er vor Gericht: Er klagte seinen ehemaligen Arbeitgeber und beantragte, die Kündigung rückgängig zu machen. Sie sei aufgrund eines "verpönten Motivs" erfolgt. Bereits das Erstgericht und das Oberlandesgericht gaben allerdings dem Pflegeheim recht – eine Entscheidung, die letztlich auch der Oberste Gerichtshof bestätigte.

Urteil mit Vorbildwirkung

In seiner Kündigungsanfechtung stützte sich der Mann auf den "Schutz von Grund- und Freiheitsrechten". Die Abwägung fiel aus Sicht der Gerichte allerdings "zweifellos zugunsten der Testpflicht aus". Es gehe "nicht nur um den Schutz der Mitarbeiter am Arbeitsplatz, sondern auch um den Schutz der Heimbewohner als bekanntermaßen besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppe."

Dazu kam aber noch ein weiteres, entscheidendes Argument: Die damalige Corona-Verordnung schrieb vor, dass Pflegeheime Mitarbeitern nur dann Zutritt gewähren dürfen, wenn sie einmal pro Woche einen Antigentest durchführen. Deshalb ergab sich laut den Richtern zumindest eine "mittelbare Verpflichtung" des Krankenpflegers, sich regelmäßig zu testen. Da sich der Mitarbeiter aber weigerte, durfte er seiner Pflegetätigkeit nicht mehr nachgehen und konnte auch seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nicht mehr erfüllen.

Aus Sicht von Martin Gruber-Risak, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Wien, lässt sich die Entscheidung daher leicht auf die neue 3G-Regel übertragen. Ausschlaggebend sei gewesen, dass die Tests von der Regierung verordnet wurden. Das wird mit der 3G-Pflicht nun für praktisch alle Arbeitsverhältnisse der Fall sein. Arbeitgeber haben dann keine Wahl mehr: Sie dürfen Mitarbeiter, die kein Testergebnis vorweisen können, nicht in den Betrieb lassen. Andernfalls drohen hohe Geldstrafen.

Auch Entlassung möglich

"Im Falle der Testverweigerung unterbleibt die Dienstleistung aus Gründen, die dem Arbeitnehmer zuzurechnen sind", sagt Gruber-Risak. Für den Arbeitgeber entfällt daher die Pflicht, den Lohn weiter zu bezahlen. Wenn sich der Arbeitnehmer der Weisung seines Arbeitgebers beharrlich widersetzt, liegt zudem eine Pflichtverletzung vor. Laut Gruber-Risak wäre in diesem Fall auch eine Entlassung möglich.

Kristina Silberbauer, Anwältin für Arbeitsrecht, sieht das genauso. Die Situation sei nicht anders als bei einem Lkw-Fahrer, dem auf Dauer der Führerschein entzogen wird. "Bei der ersten Weigerung würde ich noch nicht zur Entlassung raten, sondern dem Mitarbeiter eine zweite Chance geben", sagt Silberbauer. Weigert sich der Arbeitnehmer aber beharrlich, sei eine Entlassung gerechtfertigt.

"Wenn es eine Vereinbarung gibt, nach der ein Arbeitnehmer fünf Tage in der Woche im Homeoffice arbeiten darf, dann ist die Situation natürlich eine andere", sagt Rechtsanwältin Daniela Krömer. "Dann kann dieser Mitarbeiter auch von zu Hause aus arbeiten und behält seinen Entgeltanspruch." Der Arbeitnehmer könne aber nicht aufs Homeoffice bestehen, nur weil er sich nicht testen lassen will. "Homeoffice muss vereinbart werden. Beide Seiten müssen damit einverstanden sein", sagt Krömer. (Jakob Pflügl, 25.10.2021)