Der Klimabonus soll jenen Bürgern, die nicht auf Öffis umsteigen können, dabei helfen, die steigenden Kosten für fossile Brennstoffe, also auch Treibstoff, zu stemmen.

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Wien – Mehr als 70.000 verkaufte Tickets bereits vor dem Start am Nationalfeiertag: Das Klima- und Verkehrsministerium feierte am Wochenende die neue Flatrate-Netzkarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich. Und wertet die Zahl erwartungsgemäß als Erfolgsbestätigung: "Die Menschen wollen umsteigen, klimafreundlich unterwegs sein", betonte Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) via Aussendung.

Rund die Hälfte der zum Vorzugspreis verkauften Netzkarten seien klassische Klimatickets (um 949 statt 1.095 Euro), 30 Prozent Jugend- und 16 Prozent Seniorentickets. Wie viele dieser Klimaticket-Nutzer bereits bisher auch öffentlich, also mit Jahres-, Monats- oder Wochenkarte, unterwegs waren, darüber gibt das Ministerium keine Auskunft. Gut möglich also, dass der überwiegende Teil Umsteiger sind, die die massive Preissenkung nutzen. In dem Fall wäre der vielbeschworene klimabewegende Aspekt des Klimatickets fürs Erste überschau- und vernachlässigbar.

Tricks fürs Klima

Oder teuer erkauft, wie Neos nach Studium des Bundesvoranschlags in den Bereichen Verkehr und Umwelt argwöhnen. Die große Klimaoffensive finde hauptsächlich auf dem Wege von Budgettricks statt, attestiert Neos-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer. Werte man den Klimabonus als das, was er ist, nämlich als einen Steuerbonus, dann bleibe lediglich ein in der Langfristbetrachtung unterdurchschnittliches Ausgabengerüst. Mit dem Klimabonus steigt das Umweltbudget von 2010 bis 2025 um 250 Prozent, ohne gerade einmal um 35 Prozent – Letzteres ist kaum mehr als die Valorisierung gemäß Inflationsrate.

Dieser Darstellungstrick könnte Österreich teuer kommen. Denn ausgezahlt wird der als Ausgleich für schlechte Bus- und Zugverbindungen sowie massive Preissteigerungen bei fossilen Brennstoffen (Öl, Gas, Benzin und Diesel) konzipierte Klimabonus vom Umweltministerium. Selbiges verfügt – im Gegensatz zum Finanzministerium – weder über die für die Auszahlung notwendigen Daten der in Österreichs Haushalten lebenden Personen noch über die behördliche Infrastruktur für derartige Überweisungen. Die Finanzverwaltung hingegen weiß im Wege von Einkommensteuer, Familienbeihilfe oder Pendlerpauschale sehr genau, wem wie viel an Klimabonus zusteht.

"Bürgerfreundlich"

Im Umweltministerium stellte man für die je nach Wohnort 100 bis 200 Euro pro Erwachsenen und 50 bis 100 Euro pro Kind "eine möglichst bürgerfreundliche" gesetzliche Regelung bis zum Start des CO2-Preises per Juli 2022 in Aussicht.

"Es müssen um viel Geld neue, teure Strukturen aufgebaut werden", kritisiert Doppelbauer, "ein neues Kaufhaus Österreich ist zu befürchten. Und alles nur, um davon abzulenken, dass die Grünen von den Blockierern der ÖVP über den Tisch gezogen wurden."

Dynamik

Aber zurück zur Budgetdynamik bis 2025, wie sie dem Strategiebericht bis 2025 von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zu entnehmen ist: Mit einem Zuwachs um 160 Prozent fällt die Gesundheit ins Gewicht, gefolgt von Mobilität mit knapp 150 Prozent Anstieg.

Während im Gesundheitsbudget nach Auslaufen des Covid-19-Krisenbewältigungsfonds eine echte Steigerung um 1,2 Milliarden Euro budgetiert ist, wurde in der Untergliederung Mobilität ebenfalls kreativ veranschlagt: Von 4,8 Milliarden fließen 3,2 in ÖBB-Zuschüsse (für Ausbau, Betrieb und Erhaltung des Bahnnetzes) und Verkehrsdienstverträge (für Bus- und Zugverbindungen in den Bundesländern).

Umverteilung auf Schiene

Die Mehrkosten für das neue Klimaticket im Jahr 2022 – das sind bis zu 252 Millionen – wurden bei den ÖBB-Zuschüssen abgezwackt. Das fällt nicht weiter auf, weil der Zinsendienst dank Nullzins sinkt und die Mittel für den Bahnausbau um 209 Millionen gekürzt wurden. Der Umstieg auf die Bahn, den das Klimaticket forcieren soll, wird also durch Reduktion der Investitionen gewissermaßen konterkariert. Geld für den notwendigen Ausbau des Angebots sucht man vergeblich. Die aus dem Klimaticket zurückfließenden Einnahmen landen teils wieder bei der ÖBB, diesfalls aber als Ersatz für entgangene Ticketeinnahmen.

Die Pensionen, Kostentreiber Nummer eins im Ranking, wirken gegenüber Gesundheit und Mobilität mit einem Plus von 59 Prozent vergleichsweise moderat. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Anstieg der Zuschüsse zum Pensionssystem und der Finanzierung der Beamtenpensionen von 19,68 auf 27,14 Milliarden Euro eine zu vernachlässigende Größe wäre, im Gegenteil. Aber derartige Steigerungen gibt es in sonst keinem Bereich. Das Budget des Arbeitsministeriums wiederum wird 2025 auf dem Niveau von 2019, was inflationsbereinigt einer Kürzung entspricht.

Generell steigen die staatlichen Ausgaben kräftiger als Inflation (35 Prozent) und der private Konsum (49 Prozent) – letzterer bringt staatliche Einnahmen und ermöglicht somit großzügige Staatsausgaben. (Luise Ungerboeck, 25.10.2021)