Robuste Handys, gerne unter dem Schlagwort "rugged" angeboten, sind schon seit Jahren eine recht beliebte Marktnische. In dieser tummeln sich auch bekanntere Branchenvertreter wie etwa Samsung (Xcover) oder Nokia (XR20). Die Android-Smartphones versprechen Dichtigkeit gegenüber Staub und Wasser, hohe Resistenz gegen Temperatur- und Wetterwidrigkeiten sowie guten Schutz vor Sturzschäden.

Ein weiteres, immer größer werdendes Segment sind Gaming-Handys. Bei Blackview, einem hauptsächlich auf Outdoor-Smartphones spezialisierten kleineren Hersteller aus China, ist man nun auf die Idee gekommen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Das Blackview BL5000 soll sich als Spieleplattform eignen und auch den Elementen gewachsen sein. Verkauft wird es für rund 300 Euro. DER STANDARD hat das Gerät einem Test unterzogen.

Groß, schwer ...

Erwartungsgemäß präsentiert sich das Telefon als ziemliches Trumm. Die Maße von 164 x 80,4 x 12,8 Millimeter machen nicht gerade einen schlanken Fuß, doch das ist weder bei Gaming- noch bei Outdoor-Handys verwunderlich. Daraus ergibt sich auch, dass einhändige Nutzung nur eingeschränkt möglich ist. Das Handy liegt aber insgesamt gut und rutschfest in der Hand.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Mit 273 Gramm wiegt es merklich mehr als andere Smartphones mit vergleichbarer Displaygröße. Diese liegt bei einer Diagonale von 6,4 Zoll, wobei das IPS-LCD-Panel eine Auflösung von 2300 x 1080 Pixel bietet. Mehr als 60 Bilder pro Sekunde vermag der Bildschirm nicht darzustellen, was für eine Spielehandy eher unüblich ist.

Farbwiedergabe und Kontrast sehen ordentlich aus, die maximale Helligkeit wird mit 550 nit angegeben und ist in den meisten Szenarien daher völlig ausreichend. Die Entspiegelung des Bildschirms ist mittelmäßig gut, bei direkter Sonneneinstrahlung wird das Erkennen von Inhalten also deutlich erschwert.

... und robust

Das Smartphone steckt in einer robusten Hülle und ist nach IP68 sowie MIL-STD-810G zertifiziert, soll also bis zu einer Stunde unter Wasser schadensfrei überleben können. Voraussetzung ist natürlich, dass die beiden Silikonverschlüsse, die den USB-C-Port und den SIM-Einschub bedecken, ordentlich zugemacht wurden. Diese geben zwar keinen unmittelbaren Anlass zur Sorgen – wie langlebig sie sind, ließ sich über den Testzeitraum freilich nicht ergründen.

Foto: DER STANDARD/Pichler

20 Minuten überstand das Handy aber problemlos in einer Wasserschüssel, und auch Teststürze auf Fliesenboden aus etwa einem Meter Höhe hinterließen nur minimale sichtbare Spuren. Versprochen wird außerdem, dass selbst bei Tiefsttemperaturen von bis zu –30 Grad die "Basisfunktionen" des Handys noch nutzbar seien. Dies war in Ermangelung passenden arktischen Wetters nicht nachprüfbar.

Gaming-Phone ohne Gaming-Leistung

Als Hardwareunterlage dient Mediateks Dimensity 700, der mit 8 GB RAM zusammen arbeitet. Der Chip unterstützt 5G, was sich mit dem BL 5000 auch problemlos nutzen lässt, ist aber nicht für den High-End-Markt gedacht. In Benchmarks (3DMark, Geekbench) liefert das Handy dementsprechende Ergebnisse. Die Prozessor-Power ist ungefähr vergleichbar mit zwei bis drei Jahre alten Flaggschiffen, jene der Grafikeinheit schneidet etwas schwächer ab.

In der Praxis heißt dies, dass das Handy mit alltäglichen Anwendungen und weniger anspruchsvollen Games keine Probleme hat. Sobald das Erlebnis grafisch komplexer wird, gelangt es aber an seine Grenzen. League of Legends: Wild Rift war zum Beispiel flüssig spielbar, bei Genshin Impact wurden halbwegs stabile 60 FPS nur bei deutlich runtergedrehter Auflösung und Effekten erzielt.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Bei mittleren Details lief das Game immerhin noch flüssig, sprich: mit um die 60 Frames pro Sekunde. Diese Eindrücke sind weitgehend auch auf andere Titel wie PUBG Mobile oder Asphalt 9: Legends übertragbar. Da hilft dann auch die beworbene Heatpipe nicht, die den Chip bei hoher Beanspruchung effizient kühlen soll, weil es schlicht an zu kühlender Performance fehlt.

Bei dezidierten Gaming-Software-Features ist das Handy erstaunlich sparsam. Spiele lassen sich vom System bevorzugt behandeln, Benachrichtigungen unterdrücken, Handballenberührungen ignorieren. Eine Werbegrafik zum Handy suggeriert die Existenz Ultraschall-basierter Triggerbuttons am Seitenrand des Telefons, es sind aber keine vorhanden. Es gibt auch keinen Hinweis im Betriebssystem auf mit ihnen in Zusammenhang stehende Funktionen.

Update-Roulette

Apropos Betriebssystem: Auf dem Blackview BL 5000 läuft Android 11 in der Geschmacksrichtung "Doke OS 2.1". Abseits des "gamer-esken" Themes des Launchers und dem einblendbaren Seitenmenü für die Optionen des Game-Modes handelt es sich im Prinzip um eine recht "bodenständige" Umsetzung des Betriebssystems. Einige Spiele sind vorinstalliert, lassen sich aber zum Glück einfach entfernen. Die Eindeutschung des Systems ist an manchen Stellen zudem etwas misslungen. Malware ist gemäß einem Durchlauf mit zwei Virenscannern (Dr. Web, Ikarus) nicht vorhanden.

Betrüblich wird es in Sachen Sicherheit. Das Testgerät lief mit Sicherheitspatch-Level Juli 2021. Updates wolle Blackview nur liefern, wenn man Bugs behebt, Optimierungen für notwendig erachtet oder neue Funktionen hinzufügt, erklärt das Unternehmen auf Nachfrage des STANDARD. Konkrete Pläne für Sicherheitspatches gibt es nicht. Immerhin: Man evaluiert derzeit, ob man dem Smartphone eine Aktualisierung auf Android 12 bescheren wird.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Erfahrungsgemäß lässt sich zu Blackview-Geräten sagen, dass diese im Rahmen von zwei bis drei Jahren in der Regel ein bis drei Aktualisierungen erhalten. Diese bestehen dann meist auch aus Bugfixes, inkludieren aber aber oft auch Sicherheitspatches, die aber nicht unbedingt dem aktuellen Stand von Googles Update-Regime für Android entsprechen. Allein die fehlende Garantie und die unberechenbaren Intervalle machen die Handys aber nicht gerade zur ersten Wahl für User, die stark auf Sicherheit bedacht sind.

Starker Empfang

Das Smartphone erfüllt bei der restlichen Ausstattung alle Basics. Es gibt, wie erwähnt, 5G-Unterstützung, bei LTE wird auch das bei "Chinaphones" öfters fehlende Band 20 abgedeckt. DualSIM-Support ist dabei. Es handelt sich aber um einen reinen Telefonkarten-Einschub, einen microSD-Slot zur Speichererweiterung gibt es nicht. Dazu kommen WLAN-5-Konnektivität (802.11ac), NFC und Bluetooth 5.2. Der Ein/Aus-Button fungiert außerdem auch als recht zuverlässiger Fingerabdruckscanner.

Bergsportler und Wanderer dürften sich über das Vorhandensein eines Luftdrucksensors freuen. Dazu kommen ein Gyroskop und ein elektronischer Kompass. Eine 3,5-mm-Audioklinke gibt es allerdings nicht.

Lob verdient das BL5000 für seine Empfangsstärke, sowohl in Sachen Mobilnetz als auch bei WLAN. Im Test hatte es allerdings Probleme mit unerklärlichen WLAN-Limitationen. Obwohl eine Bandbreite von über 200 Mbit/s erzielbar gewesen wäre, kam das Gerät bei mehreren Speedtests und auch im Rahmen von Datei-Downloads nicht über 25 bis 30 Mbit/s hinaus. Ob das an spezifischen Kommunikationsproblemen mit dem verwendeten Router-Set-up lag oder ein allgemeiner Fehler ist, ließ sich im Rahmen des Tests nicht eruieren. Zumindest wird das Problem in anderen Rezensionen des Handys nicht aufgezeigt.

Kamera

In Sachen Kamera setzt Blackview auf ein Trio aus einem 12-MP (Weitwinkel) und einem 16-MP-Sensor (Ultraweit) sowie einem Sensor für Tiefenerkennung zusammen. Die Frontkamera sitzt in einem recht großen "Punchhole" und liefert 16 MP.

Bei guten Lichtverhältnissen sind die Ergebnisse passabel, wenn auch weiter in der Distanz liegende Details etwas leiden und die Kamera ihre liebe Mühe beim Ausgleich starker Himmelskontraste hat. An verhangenen Tagen oder wenn langsam der Abend dräut, leidet aber sichtbar die an sich brauchbare Farbwiedergabe, das Bildrauschen nimmt zu und die Schärfe ab, was auch mit der fehlenden optischen Bildstabilisierung zu tun hat. Erstaunlicherweise sehen im Nachtmodus geschossene Fotos trotz dieser Defizite vergleichsweise okay aus.

Ein wenig behelfen kann man sich mit der Installation eines Ports der Google Camera Go, die allerdings längst nicht so mächtig ist wie Umsetzungen der "vollen" Google Camera, die trotz Ausprobierens verschiedener Versionen auf dem BL5000 partout nicht laufen wollten. Das Weitwinkelmodul des Smartphones ist ein Sony IMX362, ein eigentlich recht tauglicher Sensor. Ob Blackview hier noch per Softwareupdate nachhilft, um dessen Potenzial besser abzurufen, bleibt abzuwarten.

Die Frontkamera lässt zwar bei schlechteren Lichtverhältnissen auch deutlich nach, performt aber insgesamt besser. Fotos weisen weniger Rauschen und höheren Detailgrad auf.

Akustik und Akku

Was die Akustik angeht, ist das BL5000 ein wechselhaftes Erlebnis. Positiv zu werten ist die Integration von Stereolautsprechern, die so platziert sind, dass man sie beim Spielen im Landscape-Modus nicht so leicht mit den Fingern verdeckt. Für ein Smartphone klingen sie auch ordentlich. Das kann man für den Audio-Output bei Telefonie jedoch nicht behaupten. Das Gegenüber kommt nur deutlich verzerrt und tendenziell zu leise an, sodass es bei Hintergrundlärm schnell zu Verständnisproblemen kommt. Man selbst wird hingegen durchschnittlich gut verstanden, Wunder vollbringt die Geräuschunterdrückung allerdings nicht.

Eine klare Stärke des Blackview-Handys, die jedoch auch dem in Sachen Performance sparsamen Chip geschuldet ist, liegt in der Akkulaufzeit. Fast 5000 mAh fasst die Batterie des Telefons, und dieser Vorrat ist selbst mit Spielen nur langsam leer zu bekommen. Für die meisten Nutzer dürften zwei Tage Verwendungsdauer drin sein. Aufgeladen werden kann auch während des Spiels ohne großer Beeinträchtigung, denn Blackview hat ein Ladekabel mit abgewinkeltem Stecker beigelegt.

Das Aufladen geht dank Quickcharge-Support mit bis zu 30 Watt Leistung auch recht flott. Blackview verspricht, dass das Handy sich in 78 Minuten vollständig wiederaufladen lässt. Im Test lag die tatsächliche Dauer nur knapp darüber. 50 Prozent sind in circa einer halben Stunde erreichbar.

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Fazit

Mit der Vermarktung des BL5000 als Gaminghandy tut sich Blackview keinen Gefallen. Dem Handy fehlen, abseits von Benachrichtigungsdeaktivierung und App-Priorisierung, einschlägige Features, ein entsprechendes Display und vor allem die Leistung, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Das können auch die gute Akkulaufzeit, die Schnellladefunktion und der Stereosound nicht kompensieren.

Dass man in anderen Kategorien nicht übermäßig glänzt und es keine nachvollziehbare Update-Politik gibt, verbessert die Situation nicht unbedingt. Als robustes Gerät geht das Handy vielleicht als halbwegs leistbare Back-up-Lösung für Bergenthusiasten durch. Doch wer ein Smartphone fürs Gaming oder ein reines Outdoor-Handy mit Softwaresupport sucht, sollte sich woanders umsehen. (Georg Pichler, 1.11.2021)

Testfotos

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Tageslicht, Schlechtwetter
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Kunstlicht
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Gadse im Kunstlicht
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Nachtmodus
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Nachtmodus
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Selfie (Kunstlicht)
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