Am Vormittag präsentierten Kanzler Schallenberg und Vizekanzler Kogler das neue Krisensicherheitsgesetz in einer Pressekonferenz.

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Wien – Es war der erste Auftritt der beiden nach einer Regierungssitzung – und passenderweise ging es vollinhaltlich um Krisen. Neu-Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) traten am Dienstag vor die Medien, um ein Krisensicherheitsgesetz anzukündigen. Die türkis-grüne Regierung will damit die Zusammenarbeit und Abläufe im Krisenfall verbessern. Im Innenministerium soll außerdem ein Zentrum gebaut werden, in dem laufend die Lage eingeschätzt wird. Ein eigener Krisenkoordinator soll sich im Bundeskanzleramt um Krisenvorsorge kümmern. Wer den Job bekommt, stehe derzeit noch nicht fest.

Schallenberg: "Keine Insel der Seligen"

"Die Pandemie und der Terroranschlag haben uns gezeigt, dass wir keine Insel der Seligen sind", erklärt Schallenberg am Nationalfeiertag nach dem Ministerrat. Und Politik bedeute für ihn auch, die richtigen Lehren zu ziehen. Deshalb brauche es nun eben ein Krisensicherheitsgesetz, in dem überhaupt erstmals gesetzlich definiert wird, welche Krisenfälle es geben kann: Umweltkrisen, Versorgungskrisen, Gesundheitskrisen. "Wir wollen in mehr Resilienz investieren", sagt Kogler.

Die Eckpunkte des Vorhabens wurden anlässlich des Sonderministerrats am Nationalfeiertag vorgestellt. Fertig ausgearbeitet ist das Gesetz allerdings noch nicht. Davor sollen Gespräche mit allen Oppositionsparteien geführt werden. Ziel sei es, dass das neue Gesetz im November in Begutachtung geht und Mitte Februar beschlossen werden kann, erklärt der grüne Abgeordnete David Stögmüller im Gespräch mit dem STANDARD. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sprach in einer Aussendung von Spielregeln für den Krisenfall – ob Pandemie, Blackout oder "hybride Bedrohungsszenarien".

Zentrum soll ständig im Standby sein

Aber was bedeutet Krise denn überhaupt? Es müsse sich um eine bundesbedrohende Krise handeln, die ein normales Ausmaß deutlich übersteigt, sagt Stögmüller. Ausrufen könne die Krise die Bundesregierung, dann komme aber das Parlament ins Spiel, das den Krisefall im Hauptausschuss bestätigen muss. Diese Krisenphase ist dann auf sechs Wochen beschränkt, danach müsste der Hauptausschuss die Krise verlängern, so das Vorhaben.

Wie bereits in präpandemischen Zeiten im Regierungsprogramm vorgesehen, soll außerdem eine neue Zentrale für Krisenmanagement errichtet werden: Im vierten Untergeschoss des Innenministeriums wird ein Bundeslagezentrum gebaut. Auf mehr als zweitausend Quadratmetern sollen dort bis zu drei Krisen gleichzeitig bewältigt werden können, heißt es. Dort würden dann Lagebilder erstellt und die Situation bewertet. Oberster Verantwortlicher für das Zentrums sei je nach Krise immer der zuständige Minister oder die Ministerin – also im Fall einer Gesundheitskrise etwa der Gesundheitsminister, erläutert Stögmüller.

So sah es bei den ersten Krisenstäben im Februar 2020 zu Beginn der Coronapandemie aus. Nun soll ein permanentes Lagezentrum etabliert werden.
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Eine stärkere gesetzlich definierte Rolle im Krisenfall soll das Bundesheer bekommen, dafür ist eine Verfassungsänderung notwendig. Das Heer könnte dann beispielsweise für die Lagerung von medizintechnischen Geräten oder etwa auch Masken zuständig sein. "Mit diesem Gesetz werden nun Möglichkeiten geschaffen, durch die unser Heer noch schneller und noch besser helfen kann", meint Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).

Zusammenarbeit verbessern

Darüber hinaus werden mit dem neuen Gesetz alle Ministerien aufgefordert, Krisenvorsorge zu treffen. "Wir schaffen damit einen Paradigmenwechsel in Richtung einer effektiveren Koordinierung aller Bereiche der nationalen Sicherheit und der Krisenvorsorge", ist Bundeskanzler Schallenberg überzeugt. Vizekanzler Kogler gehe es um einen umfassenden rechtlichen Rahmen, der die Koordination der Regierung mit zuständigen Institutionen, Einsatzorganisationen und NGOs verbessere. "In Zukunft wird die Krisenstrategie auf Regierungsebene angesiedelt sein und der Nationalrat stärker eingebunden." (Katharina Mittelstaedt, 26.10.2021)