Der Autor Kurt Palm war als Hauptredner zur Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus eingeladen.

Foto: Stefanie Ruep

"Österreichs Identität definiert sich über das Vergessen", sagte Kurt Palm am Nationalfeiertag am Salzburger Kommunalfriedhof. Der Autor, Regisseur und Volksbildner war als Hauptredner zur Gedenkkundgebung eingeladen. Der KZ-Verband / Verband der Antifaschisten und Antifaschistinnen gedenkt jährlich der Opfer des Nationalsozialismus auf dem Salzburger Kommunalfriedhof. Vor 76 Jahren, im Mai 1945, war das Nazi-Regime endlich besiegt und Österreich von der NS-Diktatur befreit.

Österreich könne für seine Schönheit nichts, aber für seinen Umgang mit dem Nationalsozialismus, sagte Palm. Der sei hinter der Maske der Harmlosigkeit versteckt worden. "Im Vergessen, Verdrängen und Verschweigen waren die Österreicher immer schon Weltmeister", betonte Palm. Er selbst sei in Oberösterreich in dieser Atmosphäre des Vergessens, Verdrängens und Verschweigens aufgewachsen. Die Gräuel, die im KZ Mauthausen passiert seien, seien aus dem Kollektiv verdrängt worden. Das sei ein Teil der Nichtauseinandersetzung Österreichs mit dem Nationalsozialismus.

Auch die 100 Jahre Festspiele und die Verstrickung der Salzburger Festspiele mit dem NS-System machte der Autor zum Thema und zitierte dabei mehrfach Thomas Bernhard. Salzburg sei eine Stadt, die ihr Gedächtnis verloren habe. Bei den Festspielen seien Künstler engagiert gewesen, die sich an ihre Rolle während des Nationalsozialismus nicht mehr erinnern konnten. Etwa Herbert von Karajan, der über 40 Jahre die Salzburger Festspiele prägte, oder die Dirigenten Karl Böhm und Wilhelm Furtwängler. Nach allen dreien seien in Salzburg Plätze benannt, sagte Palm. Nicht aber nach Bertolt Brecht, der auch nach 1945 kein Engagement bei den Festspielen erhielt.

Braune Straßen und widerständige Frauen

Den Umgang mit den 13 NS-belasteten Straßennamen in Salzburg thematisierte Christine Steger vom KZ-Verband: "Es kann nicht sein, dass in Salzburg weiter Faschisten geehrt werden mit Straßennamen." Wie der STANDARD berichtete, schließt Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) eine Umbenennung der 13 Straßen aus, die im Historikerbericht als schwerbelastet eingestuft wurden. Der KZ-Verband setze sich für Umbenennungen und gegen den Geschichtsrevisionismus ein. Doch in der Politik zähle nur das Strafrecht, nicht der Anstand, sagte Steger.

Am Ehrengrab der Stadt Salzburg erzählte der Historiker Andreas Praher die Geschichte der Widerstandskämpferin Nancy Wake, die in Paris gegen die Nazis kämpfte, auch noch nachdem ihr Mann von der Gestapo zu Tode gefoltert worden war. "Sie hat gekämpft für ein höheres Ziel. Für Freiheit und Gerechtigkeit", sagte Praher. Die neuseeländische Journalistin war als Mitglied der Résistance die höchstdekorierte weibliche Militärangehörige der Alliierten.

Auch an die Salzburger Widerstandskämpferin Rosa Hofmann erinnerte der Historiker beim Ehrengrab für Widerstandskämpfer. "Rosa Hofmann lebte für ihre Überzeugung und kämpfte für eine gerechte Welt." Die Leiterin des Kommunistischen Jugendverbands Salzburg war 1943 von den Nationalsozialisten im Alter von 23 Jahren ermordet worden. Sie hatte Flugblätter vervielfältigt und verteilt und diese auch bei Wehrmachtsangehörigen in Umlauf gebracht. (Stefanie Ruep, 26.10.2021)