Weiß, wo in Österreich die Schnösel und die Säbelzahntiger zuhause sind: Helge Schneider.

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Schon immer blitzte bei ihm unter der ulkigen Oberfläche der Tiefsinn durch. Aber früher waren seine Auftritte in erster Linie langes Geblödel, dann nahm er irgendwann die Perücke vom Kopf, da er "drunter ohnehin nochmals dieselben Haare" hatte, und am Ende spielte er ironiefreien Jazz, als ginge es um sein Leben.

Inzwischen hat Helge Schneider diese Ebenen kunstvoll fusioniert, wie sein Post-Corona-Programm Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers beweist. "Bruckner ist nicht jedermanns Sache", meinte er im Brucknerhaus Linz (das er beharrlich "Brucknersaal" nannte) und demonstrierte seine Kenntnis der Psyche des Genius Loci. Fakten plus Blödsinn, Witze und Geschichten, die schnurstracks ausufern und verebben – und doch spricht er Wahrheiten aus wie früher Hofnarren. Einen Zwischenruf pariert er aus der Hüfte mit Reflexionen über das Nichts à la Heidegger, und von der Urgeschichte springt er elegant in die Gegenwart: "Österreich wurde früher vom Säbelzahntiger beherrscht – und heute von Schnöseln."

Melancholische Soli

Ähnlich auf und ab geht es musikalisch: Gitarrist Sandro Giampietro beginnt mit einem dramatisch-melancholischen Solo in Moll, Helge dirigiert ihn als fleischgewordene Karikatur. Den All-Time-Hit Katzeklo, der in keiner Show fehlen darf, singt Teekoch Bodo Oesterling wie zum ersten Mal und muss dabei gleichzeitig auf der Trompete geblasene Melodien raten (Michael Jacksons Man In The Mirror passenderweise gespiegelt, also von hinten nach vorn gespielt).

Ragtime-, Swing- und Blues-Nummern mit Schneiders grandiosem Klavier- und ganz gutem Vibrafonspiel lassen Platz für fast ganz ernsthaftes Jammen, können aber jederzeit ins Groteske kippen: Ein falscher Ton, eine Grimasse, eine Verrenkung genügen dafür. Subversion im Tarngewand des Nonsens. (Daniel Ender, 26.10.2021)