Erst im Vorjahr hat Novartis angekündigt, Kundl zum Kompetenzzentrum für Nukleinsäure-Produktion auszubauen. Nun könnte die gesamte Generika-Division, zu der auch der Tiroler Standort gehört, verkauft werden.

Foto: ho

Basel – Einer der weltweit größten Hersteller von Nachahmermedikamenten könnte bald zum Verkauf stehen: Nach jahrelangen Umbauarbeiten stellt der Schweizer Novartis-Konzern sein Generikageschäft Sandoz auf den Prüfstand.

"Wir glauben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um zu prüfen, was die richtige längerfristige strategische Positionierung von Sandoz ist", sagte Konzernchef Vasant Narasimhan am Dienstag bei der Vorlage der Quartalszahlen. Auf dem Tisch lägen alle Optionen – ein Verbleib der Sparte im Konzern bis hin zu einer Trennung, etwa über einen Verkauf oder einen Börsengang. Bis Ende 2022 solle eine Entscheidung fallen. Mit Marken wie Hexal und 1A Pharma gehört Sandoz neben Teva aus Israel und dem US-Konzern Viatris zu den drei größten Generikakonzernen der Welt.

Wichtige Standorte in Tirol

Über eine Abspaltung oder Veräußerung der Sparte, die mit knapp zehn Milliarden Dollar Umsatz zwar für ein Fünftel des Novartis-Jahresumsatzes steht, in puncto Rentabilität dem dominierenden Geschäft mit patentgeschützten Medikamenten aber hinterherhinkt, wurde wiederholt spekuliert. Sandoz bekam zuletzt die Corona-bedingt gedämpfte Nachfrage nach Arzneien merklich zu spüren. Zudem kämpft der wettbewerbsintensive Sektor seit Jahren mit Preisdruck, vor allem im weltgrößten Gesundheitsmarkt USA.

Der Einstieg von Sandoz bei der früheren Biochemie Kundl (Tirol) ist 1964 erfolgt. Sandoz wurde 1996 mit Ciba-Geigy zum neuen Unternehmen Novartis fusioniert. Mit rund 4500 Beschäftigten sind Kundl und das nahegelegene Schaftenau heute der größte Standort im gesamten Konzernverbund des Basler Pharmakonzerns und zudem auch der letzte verbliebene voll integrierte Hersteller oraler Antibiotika in der westlichen Welt.

Viel Forschung und Entwicklung

Massiv entwickelt und ausgebaut wurden in den vergangenen Jahren die Erforschung und Produktion von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln. Allein im Corona-Jahr 2020 hat Novartis an die 216 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung an den Tiroler Standorten ausgegeben. Heuer wurde der Ausbau von Kundl zu einem Kompetenzzentrum für die Nukleinsäure-Produktion bekanntgegeben und der Einstieg in die Covid-19-Impfstoffproduktion. (Reuters, stro, 26.10.2021)