Die Madrider Regionalpräsidentin Isabel Diaz Ayuso besetzte den Madrider Stadtsender Telemadrid nach ihren Interessen um. Die Quote ist im Sinkflug.

Foto: EPA / Zipi

Das gefällt Isabel Díaz Ayuso so richtig. Nicht nur, dass die Chefin der Regionalregierung in der spanischen Hauptstadtregion Madrid ständig die Nachrichten füllt, nein, sie darf sogar zu ungewöhnlichen Sendezeiten ins öffentliche Regionalfernsehen TeleMadrid. So etwa, als sie live sportliche Erfolge bei den Olympischen Spielen kommentierte. Das Beste dabei: Im Studio des Morgenmagazins saß eine neue Sprecherin. Die alte, die immer wieder kritische Fragen für Ayuso bereit gehalten hatte, war – wie die gesamte Führungsriege bei TeleMadrid auch – abgesetzt worden.

Ayuso hat TeleMadrid nur wenige Monate nach dem sie bei vorgezogenen Neuwahlen die absolute Mehrheit nur um drei Sitze verfehlte, endlich da, wo sie den Sender immer schon haben wollte. Der Wandel ging rasant schnell von statten. Denn Ayuso regiert, dank der Unterstützung ihrer Regierungspolitik durch die rechtsextreme VOX, wie sie will. Und selbst dann, wenn sich VOX einmal enthalten sollte, kann Ayuso von der Opposition nicht überstimmt werden.

Letztes Korrektiv

Der bisherige rechtsliberale Koalitionspartner, Ciudadanos, hat den Einzug ins Regionalparlament nicht mehr geschafft. Damit fiel auch das letzte Korrektiv weg, wenn es um Ayusos Pläne, TeleMadrid zu beherrschen ging. Ciudadanos hatte 2017 durchgesetzt, dass der Direktor der öffentlichen Anstalt mit 2/3 Mehrheit im Regionalparlament gewählt werden muss. Der Sender wurde nach Jahren der Gängelung durch die PP wieder professionell und unabhängig. Kaum war das neue Parlament im Amt, ließ Díaz Ayuso das Gesetz für TeleMadrid einfach ändern. Der Direktor wird künftig wieder mit normaler Mehrheit gewählt. Der bekannte Journalist José Pablo López, der TeleMadrid in den vergangenen vier Jahren wieder zu Ansehen gebracht hatte, wurde prompt entlassen und durch José Antonio Sánchez ersetzt.

Sánchez ist kein Unbekannter. Er brachte vor Jahren das spanische öffentliche Fernsehen RTVE auf PP-Linie, und sparte nach Einbruch der Zuschauerzahlen den Sender kaputt. Bei TeleMadrid wiederholte er die Operation Anfang des Jahrzehnts. Er war 2013 für die Entlassung von über 800 der 1200 Mitarbeiter verantwortlich.

Sender unter Kontrolle

"Mit Sánchez hat Ayuso den Sender fest im Griff", erklärt Luis Lombardo, Vorsitzender des Betriebsrates. "Vor allem die Nachrichtenredaktion ist völlig in der Hand der PP", sagt Lombardo. Dort wurden nicht nur der Nachrichtenchef ausgewechselt, sondern der gesamte Mittelbau der Redaktion und selbst Sprecher und einige Journalisten.

Das wirkt sich aufs Programm aus. In den ersten zwei Wochen der neuen Etappe wurden in TeleMadrid und dem angegliederten Radio Onda Madrid zwölf Live-Interviews ausgestrahlt. Dabei schafften es gerade einmal drei Personen vor die Kamera, die nicht aus der politischen Rechten kamen. Sechs gehörten der PP an, drei der rechtsextremen VOX. Die Linke würde den Namen Madrids beschmutzen, durfte etwa der konservative Madrider Bürgermeister José Luis Martínez-Almeida – der ebenfalls mit Unterstützung durch die VOX im Amt ist – zum Besten geben. Die Sprecher saßen dabei und schauten zustimmend. Längst macht der Begriff "TeleAyuso" die Runde in Madrid

"José Antonio Sánchez ist ein Totengräber für Fernsehanstalten", sagt Miguel Alvarez, Professor an der Journalistenschule der Universität im zentralspanischen Castilla – La Mancha, der sich seit Jahren mit den Mängeln und der Gängelung öffentlicher Sender in Spanien beschäftigt. Álvarez ist sich sicher, dass es neben ideologischer Manipulation auch darum geht, den Sender erneut in die Bedeutungslosigleit zu treiben.

Quotenabsturz

In Sánchez' ersten Phase bei TeleMadrid sank die Zuschauerquote auf unter vier Prozent. Eine ähnliche Tendenz zeichnet sich jetzt wieder ab. Hatte der Regionalsender in den Jahren unter López erneut Prestige gewonnen, und einen Share von knapp acht Prozent erreicht, sank im August, dem ersten vollen Monat unter Sánchez, die Zuschauerquote auf 4,7 Prozent. Nachmittags sehen gerade einmal 1,5 Prozent TeleMadrid. "Wenn sowas zum ersten Mal passiert, dann kann die Wahl Sánchez zum Direktor ein Fehler gewesen sein. Aber wenn er zum dritten Mal so einen Posten bekommt, dann ist das gewollt", resümiert Álvarez. (Rainer Wandler, 27.10.2011)