Die Vulkankette des Cumbre Vieja auf den Kanaren bleibt hochaktiv.

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Die Nachricht per Handy war kurz und bündig: "Muss dir sagen, dass ich glaube, dass der Vulkan heute das Haus mitgenommen hat", schreibt Goyo Cordobés als Antwort auf eine Nachricht mit dem Link des Berichts über den Vulkan auf der spanischen Kanareninsel La Palma, für die er vergangenen Woche dem STANDARD Rede und Antwort gestanden hatte.

Mittlerweile ist es Gewissheit: Cordobés hat unter den zahlreichen Drohnen-Aufnahmen der riesigen Lavazungen, die alles verschlingen, im Internet ein Bild gefunden, das sein Haus zeigt, wie es im Magma verschwindet. "Das Haus meiner Schwiegermutter und die meiner Cousins weiter oben sind auch weg", erzählt Cordobés.

Sie alle wurden bereits am Tag des Ausbruchs des Vulkans oben beim Massiv Cumbre Vieja am 19. September evakuiert und leben seither bei Angehörigen.

Lohn reicht nicht

"Ohne Hilfe werden wir kaum neu anfangen können", sagt Cordobés, Portier eines privaten Freizeitclubs. Er hofft auf die Inselregierung, auf jene in Madrid – aber auch auf die Europäische Union. Sein Lohn würde einfach nicht reichen, um wieder auf die Beine zu kommen. Was der Vulkan mitnahm, war alles, was er sich in 30 Jahren aufgebaut hatte. Jetzt bleibt nur ein Teil der Wohnungseinrichtung, die man noch rechtzeitig retten konnte.

Die Angehörigen von Cordobés sind sicher nicht die Letzten, denen die Lava alles nimmt. Der Vulkan ist weit davon entfernt, Ruhe zu geben. Immer wieder stürzt der Krater ein, baut sich erneut auf, um dann wieder zusammenzubrechen. Anfang dieser Woche kamen zwei neue Schlote hinzu. Derzeit sind es fünf, die Lava, Felsen und Asche in den Himmel schleudern. Die glühenden Massen werden immer mächtiger. Nach dem letzten Kratereinsturz fließt die Lava nach Westen. Dort hat eine frühere Zunge bereits alles mitgenommen, was mitzunehmen war.

Allein von Montag auf Dienstag waren 41 Erdbeben zu verzeichnen. Eines davon erreichte 4,2 auf der nach oben offenen Richterskala.

Tausende Evakuierungen

Über 900 Hektar sind bereits von der Lava verschüttet worden. 2162 Gebäude wurden bisher völlig zerstört, über 7000 Menschen mussten schon evakuiert werden. Die Inselregierung kündigte zu Beginn der Woche den Kauf von 200 modularen Fertighäusern an, um einen Teil der Betroffenen dort erst einmal unterzubringen.

In den vergangenen Tagen regnete es immer wieder – und dies kann zu einem neuen Problem führen. Die Vulkanasche, die Teile der Insel bedeckt, saugt sich mit Wasser voll, wird schwer. Dächer drohen unter dem Gewicht nachzugeben. Die Paste aus Asche und Wasser droht zudem die Kanalisation zu verstopfen. Selbst Erdrutsche sind möglich.

Die Zukunftspläne des 56-jährigen Cordobés sehen bescheiden aus: "In meinem Alter werde ich sicher nicht noch einmal anfangen, ein gemauertes Haus zu bauen. Falls ich irgendwie zu einem Grundstück komme, stelle ich ein Holzhaus auf", sagt er. Doch Bauland ist das Problem. Die meisten Häuser, die jetzt in der Lava versunken sind, waren auf landwirtschaftlichem Boden gebaut, als dies noch nicht verboten oder zumindest geduldet war. So auch die Häuser von Cordobés und den anderen aus der Familie. "Jetzt ist das Gesetz sehr streng und Bauland rar und teuer", erzählt Cordobés. (Reiner Wandler aus Madrid, 26.10.2021)