EZB-Chefin Christine Lagarde behält den seit Ausbruch der Corona-Krise extrem expansiven Kurs der Notenbank vorerst bei.

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Die Inflationsraten in Europa steigen weiterhin deutlich. In Deutschland erreichte der Auftrieb der Konsumentenpreise im Oktober 4,5 Prozent, das ist der höchste Wert seit August 1993, wie am Donnerstag bekannt wurde. Auch in Österreich und der gesamten Eurozone lag die Inflation mit 3,3 bzw. 3,4 Prozent über jenen zwei Prozent, die die EZB als mittelfristigen Zielwert anstrebt. Dennoch behält die Notenbank ihren extrem expansiven Kurs vorläufig bei.

Wie erwartet bestätigte die EZB am Donnerstag ihren Leitzins von null Prozent, wo er bereits seit März 2016 verharrt. Ebenso lässt sie ihr reguläres Wertpapierkaufprogramm App im Volumen von 20 Milliarden Euro monatlich weiterlaufen. Zudem wird das wegen Corona eingeführte Krisenkaufprogramm Pepp, über das die Notenbank Wertpapiere in Höhe von etwa 70 Milliarden Euro pro Monat erwirbt, moderat gedrosselt.

Kurzfristiger Anstieg

Erneut wies EZB-Chefin Christine Lagarde darauf hin, dass die derzeit hohen Inflationswerte kurzfristig sogar weiter steigen könnten, aus Sicht der Währungshüter aber im Lauf des nächsten Jahres wieder abflauen werden. Mittelfristig erwartet sie, dass die Teuerung wieder unter die Zielmarke der EZB sinken werde. Dennoch ist die Notenbank bei der Lohnentwicklung auf der Hut. "Aufgrund der Daten sehen wir keinen Grund dafür, anzunehmen, dass die Löhne substanziell steigen", erklärte Lagarde.

Die Wirtschaft in der Eurozone erhole sich weiterhin. "Allerdings hat sich das Momentum etwas abgeschwächt", ergänzte Lagarde. Die Probleme mit den Lieferketten werden ihrer Meinung nach auch im ersten Quartal anhalten.

Entscheidung im Dezember

Über die weitere Zukunft des Krisenkaufprogramms Pepp, das nach derzeitigem Stand bis März 2022 laufen soll, will die Zentralbank erst auf ihrer Dezembersitzung entscheiden. Erwartet wird, dass die Notenbank im nächsten Jahr dessen Volumen ausgehend sukzessive drosseln und in weiterer Folge auslaufen lassen wird. Experten gehen davon aus, dass im Gegenzug das reguläre Kaufprogramm App etwas hochgefahren wird und möglicherweise zusätzliche Werkzeuge zur Finanzierung von Finanzinstituten eingeführt werden.

"Die derzeit steigenden Inflationserwartungen sind ein besonders starkes Argument für ein Ende der Pepp-Käufe im März 2022", betont ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann. "Daran ändert auch die aktuelle Abkühlung der Konjunktur nichts." Andere Experten gehen von einem gemächlicheren Vorgehen der EZB aus. "Ähnlich wie die Bank von Japan konzentriert sich die EZB nun stark auf die Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit ihrer geldpolitischen Maßnahmen und weniger auf das Erreichen des Inflationsziels innerhalb eines angemessenen Zeitraums", erwartet Konstantin Veit, Portfoliomanager bei der Investmentgesellschaft Pimco. (Alexander Hahn, 29.10.2021)