Im Bundeskanzleramt sollen die Fäden der Inseratenaffäre zusammengelaufen sein.

foto: Christian Fischer

Wien – Die in der Inseratenaffäre beschuldigte Meinungsforscherin Sabine B. sei bereit, als Kronzeugin zu fungieren. Das berichtete das Ö1-"Morgenjournal" am Freitag unter Berufung auf den Anlassbericht des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK). Der Bericht liegt auch dem STANDARD vor.

Der Bericht hält detailliert fest, was nach B.s Festnahme am 12. Oktober um 6.45 Uhr geschehen ist. Zur Festnahme war es gekommen, weil der Meinungsforscherin Verdunkelung vorgeworfen wurde. Sie soll nur wenige Stunden vor der Hausdurchsuchung in der Inseratenaffäre Chats mit anderen Beschuldigten gelöscht haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Anwältin kontaktiert

B. wurden die gegen sie erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe in der Inseratenaffäre nochmals erklärt. Dann konnte sie ihre Anwältin kontaktieren, die ihr gemäß BAK-Anlassbericht um 7.30 Uhr geraten habe, vorerst keine Aussage zu machen.

Daraufhin konnte die Meinungsforscherin laut Bericht kurz frühstücken, bevor sie dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung übergeben und in den Arrest im Stadtpolizeikommando Meidling gebracht wurde. Dort habe sie sich mehrmals mit ihrer Anwältin beraten können.

Auszug aus der Rechtsbelehrung

Die Beschuldigteneinvernahme durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) fand dann am Tag nach der Festnahme statt. Im Anlassbericht des BAK befindet sich ein Auszug aus der Rechtsbelehrung davor. Diese lässt den Schluss zu, dass B. einen Kronzeugenstatus beantragt hat.

Es wird darin nämlich festgehalten, dass die Beschuldigte gemäß ihrer Aussage bereit sei, "freiwillig ihr Wissen über Tatsachen und/oder Beweismittel zu offenbaren, deren Kenntnis wesentlich zur umfassenden Aufklärung einer in der Kronzeugenregelung genannten Straftat beiträgt, und über ihren eigenen Tatbeitrag hinaus zu fördern oder eine Person auszuforschen, die an einer solchen Verabredung führend teilgenommen hat oder in einer solchen Vereinigung oder Organisation führend tätig war".

Stillschweigen aufgetragen

Die Meinungsforscherin wurde dabei auch belehrt, dass sie nur nach Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für die Kronzeugenregelung Anspruch auf diesen Status habe. Insbesondere wurde sie gemäß Protokoll darauf aufmerksam gemacht, dass Voraussetzung ist, dass "nur eine vollständige Darstellung der eigenen Taten im Rahmen eines reumütigen Geständnisses zu einer allfälligen Anwendung der Kronzeugenregelung führen" könne.

Zudem habe sie "absolutes Stillschweigen" zu wahren, um die Ermittlungen auf Grundlage ihrer Aussagen nicht zu gefährden. B. habe zugesagt, Kontakt zu sämtlichen anderen Beschuldigten zu unterlassen und weiter an der Aufklärung des Falles mitzuwirken. Ihre Einvernahme dauerte dann, mit Pausen, von 11.20 bis 17.40 Uhr.

Danach durfte B. wieder nach Hause gehen, die Festnahme wurde aufgehoben, weil nach ihrer "geständigen Verantwortung" der Haftgrund der Verdunklungsgefahr nicht mehr bestanden habe, heißt es in dem Bericht. Von B.s Anwältin kam kein Kommentar. (bri, gra, 29.10.2021)

Update: Der Artikel wurde um 10.57 Uhr ergänzt.