Teilnehmer einer Corona-Demo – zu sehen in der ORF-Reportage "Am Schauplatz: Ein Land, zwei Welten – Eine Reportage zwischen Intensivstation und Anti-Corona-Partei".

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Die Leiterin der Intensivstation im Wiener AKH, Eva Schaden, hat kein Verständnis für Corona-Verharmloser.

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Wien – Während auf der Intensivstation im Wiener AKH um das Leben jedes Corona-Patienten gekämpft wird, treffen sich ein paar Hundert Meter weiter die Corona-Verharmloser von Die Basis. Sie versammeln sich vor dem Parlament, um gegen die Maßnahmen der Regierung zu demonstrieren und gegen die Impfung zu wettern. Österreich sei eine Diktatur, und Bill Gates wurde in Indien zur Persona non grata erklärt, heißt es. "In Indien funktioniert die Rechtsprechung noch."

Eineinhalb Jahre nach dem Beginn der Pandemie zeigte "Am Schauplatz"-Reporter Emanuel Liedl am Donnerstag, wie sich Österreich in zwei Welten geteilt hat. Jene in der größten Intensivstation des Landes, im Wiener AKH, wo das Personal seit eineinhalb Jahren am Anschlag ist, und jene Welt der Pandemie-Verhamloser und Impfskeptiker, die sich mittlerweile in Parteien materialisiert und mit ihrem Programm bei Wahlen reüssiert hat. Zuletzt bei der Oberösterreich-Wahl, als die MFG mit über sechs Prozent in den Landtag einziehen konnte – MFG steht für Menschen, Freiheit, Grundrechte.

Leid und Leiden durch Impfung ersparen

ORF-Reporter Liedl kontrastiert die zwei Sphären und versucht der einen die Realität der anderen gegenüberzustellen. Zusammenfinden werden sie wohl nicht mehr. Die Gräben sind sehr tief.

So waren zum Zeitpunkt des Drehs im Herbst 2021 90 Prozent der Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation nicht geimpft. Die Leiterin der Intensivstation im Wiener AKH, Eva Schaden, sagt: "Wir arbeiten seit eineinhalb Jahren an der Grenze." Sie berichtet von Patienten, die immer jünger werden, und appelliert: "Wärst du geimpft, würde das weder für den Patienten, für dessen Familie noch für uns ein derartiges Ausmaß annehmen."

In Österreich sind derzeit erst 64 Prozent der Gesamtbevölkerung bzw. 70 Prozent der Impfbaren vollständig immunisiert. Corona-Patienten würden die Intensivbetten im Schnitt dreimal länger belegen als andere, erklärt Schaden, und eine Pflegerin erzählt, dass zur psychischen Belastung auch noch die physische dazukomme, da die Schutzkleidung so schwer sei. "Wir haben viele Patienten sterben sehen." Und das Sterben geht weiter. Den Corona-Verharmlosern gehe sie aus dem Weg: "Das Demonstrieren macht uns traurig, sehr traurig."

ORF als "Propagandasender"

Eine, die regelmäßig auf den Corona-Demos zu finden ist und gegen die Maßnahmen wettert, ist die Allgemeinmedizinerin Konstantina Rösch. Die Ärztekammer hat ihr die Zulassung entzogen. Nach einem Intermezzo bei der MFG, das im Streit endete, tritt sie jetzt bei Kundgebungen von Die Basis auf. ORF-Reporter Liedl wollte sie allerdings kein Interview geben. Der ORF sei ein "Propagandasender", der die Leute in Geiselhaft nehme. Bei Servus TV war Rösch hingegen regelmäßig zu Gast.

Zu Gast bei der MFG

Dass die Krankenhäuser bei der Belegung der Intensivbetten jemals an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen sind, glaubt wiederum Gerhard Pöttler nicht. Der ehemalige Krankenhausdirektor, Gründungsmitglied der Partei MFG Österreich, sagt, dass hier gelogen werde, "bis sich die Balken biegen", ohne für seine Behauptung irgendwelche Zahlen zu liefern. Eine Überlastung des Gesundheitssystems gebe es nicht, meint er und fragt: "Haben wir überhaupt eine Pandemie?"

Er sei kein Corona-Leugner, werde aber als solcher hingestellt. Die Fragen des ORF-Reporters Liedl, der die MFG beim Wahlkämpfen begleitet hat und am Wahltag bei den Hochrechnungen und dem Jubel dabei ist, würden ihn in dieses Eck drängen, kritisiert Pöttler. Er bricht das Interview ab. Der Grund seien die "gschissenen Fragen", erklärt daraufhin Liedl. Die Tonspur zu diesem Sager durfte aus rechtlichen Gründen nicht gesendet werden. Die Zuseher haben aber ohnehin genug gehört, um sich ein Bild machen zu können. (Oliver Mark, 29.10.2021)