Wels – "Wenn so viele schweigen, müssen wir noch lauter schreien." Eigentlich richtet sich diese Textzeile der deutschen Punkband ZSK gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft. Doch am Samstag gibt es einen zweiten Grund zu Schreien. Punkrock kehrt zurück nach Wels, konkret in Form des eintägigen Sbämoween-Festivals im Alten Schlachthof. Als zweiter Headliner geigt neben ZSK die britische Punk-Instanz Snuff auf.

Dass das Festival stattfindet, ist eine Erleichterung für Veranstalter Stefan Beham. Rund um die Marke Sbäm hat sich der Oberösterreicher eine Existenz aufgebaut. Sbäm steht für Konzerte, das Designen von Tourpostern, Plattencovern und Merchandise für Bands und ein Plattenlabel. "Durch die Pandemie ist mir praktisch alles weggebrochen. Wenn keine Konzerte stattfinden, braucht auch niemand Tourposter. Es war eine doppelte Watschn", sagt Beham im Gespräch mit dem STANDARD.

Neben dem selbsterklärenden Stage-Dive bewegt sich das Punkrock-Publikum auch gerne im Circle Pit. Dabei handelt es sich um beschwingtes Laufen im Kreis, kombiniert mit dem Versuch, nicht zu fallen.
Foto: Christoph Leeb/ Subtext

Fokus auf das Label

Was tun? Wenn die A-Saite reißt, gibt es den fünften Bund auf der E-Saite als Ausweg. Dementsprechend suchte Beham Alternativen. Dazu zählten mitunter massig Online-Konzerte. Die waren zwar kostenlos, doch sie verdoppelten die Sbäm-Follower-Zahlen auf Facebook und Instagram auf 16.000 beziehungsweise 14.000. So ein Zuwachs ist durchaus wertvoll in der heutigen Zeit. Dazu kam eine Sbäm-interne Neuorientierung. "Der Fokus liegt jetzt auf dem Label. Natürlich greift alles ineinander, aber die Festivals sollen künftig das Label stützen", sagt Beham. Heimische Bands wie die Rumperts oder Glue Crew, aber auch Szenegrößen à la Pulley oder Frenzal Rhomb und No Fun At All finden sich im Roster.

In der internationalen Punkszene ist Sbäm längst ein etablierter Begriff. Umlaut A hin oder her. Es folgt der nächste Schritt: Netflix dreht eine Doku über das Projekt aus Linz. "Ein Team aus den USA wird uns einen Monat lang im Büro und bei den Vorbereitungen für das große Sbäm-Fest in Linz begleiten." Es handle sich um dasselbe Filmteam, das die Doku "A Fat Wreck" über Fat Wreck Chords gedreht hat. Zur Erklärung: Fat Wreck Chords ist für Punkrock wie die Streif im Skisport. Ohne das kalifornische Label wäre wohl nichts, wie es ist.

Lokale Bands auf großer Bühne

Heimische Bands müssen oft kämpfen, um mit respektive vor den "Großen" auf der Bühne stehen zu dürfen. Nachwuchstechnisch tut sich hierzulande wenig, darüber wurde im STANDARD bereits vor zwei Jahren sinniert, geändert hat sich daran nichts. Vor allem weiblichen Acts will Beham in Zukunft eine größere Bühne geben.

"Was Stefan für lokale Bands macht, ist extrem wichtig. Da darf immer jemand aus Österreich spielen", sagt Glue-Crew-Sänger und -Gründer Thomas Mulitzer. Er steht mit seiner Kombo am Samstag ebenfalls auf der Bühne. Die Band hat sich eine spezielle Nische ausgesucht. Sie spielt semiakustischen Punkrock und singt im Pongauer Dialekt.

SBÄM

Dass österreichische Mundart in der Musik wieder zieht, sieht man seit Jahren. Sonderlich viele Punkbands bedienen sich ihrer dennoch nicht. Passt das überhaupt? "Es gibt Leute, die stellen dich ins Schlagereck, wenn du Mundart singst. Das ist Blödsinn. Es kommt auf den Inhalt an", sagt Mulitzer. Dialekt fühle sich für ihn am natürlichsten an. "Ich verarbeite viel Persönliches in meinen Texten, das kommt authentischer rüber, wenn ich so singe, wie ich rede. Glaub ich zumindest."

Tatsächlich lernt man Mulitzer rein über die Platten ein Stück weit kennen. Sei es in Sachen Liebeskummer, Mühen der Ebene beim Konzerte-Veranstalten, Freunde oder Leben auf dem Land. Die Corona-Pause nutzten die Salzburger, um im Frühjahr ihr drittes Album namens "Mundartpunk Forever" herauszubringen. Unschwer zu erraten, auf welchem Label.

Größer. Besser. Lauter

Zurück nach Linz. Die vielen Kapriolen mit Ankündigen, Absagen, Ankündigen, Absagen ließen Beham auch das Sbäm-Fest, das bisherige Herzstück, komplett neu denken. 2019 wollte er es erstmals von Wels in die Tabakfabrik nach Linz verlegen. Größer. Besser. Lauter. Angedacht mit 2.500 Besuchern. "Wir mussten das Festival immer wieder verschieben, immer wieder neue Bands buchen. Das war extrem mühsam. Vor allem, weil dann doch nie was daraus wurde", sagt Beham. Je größer die Bands, desto mehr Aufwand stecke im Booking.

Stefan Beham, das Gesicht zu Sbäm.
Foto: Christoph Leeb/ Subtext

Vor allem die Ticketpreise wuchsen zu einer Herausforderung heran. "Die Preise waren immer unterschiedlich, eine Rückvergütung wurde kompliziert. Wer uns unterstützte, das Geld nicht zurückforderte, darf zum Sbäm-Fest 4 auch mit der Karte von 2019 oder 2020", sagt Beham. Regulär kostet die Karte für kommendes Jahr eigentlich das Doppelte.

Ende Juli 2022 gibt es den nächsten Anlauf für das Sbäm-Fest. Zwei Tage steht die Tabakfabrik im Zeichen von Punkrock. "Das Fest ist ausgelegt auf 6.500 Besucher. Neben zwei großen Bühnen wird es außerdem Vorträge von Szenegrößen und Skateboard-Rahmenprogramm geben." Wer kommt? Die drei Headliner werden noch nicht verraten, das passiert kommendes Jahr. Beham zufolge habe man sechs Monate verhandelt, was auf die Größenordnung schließen lässt. Auch dass Bands wie Millencolin und die Donots in der zweiten Reihe des Line-ups stehen, deutet auf etwas Großes hin. (Andreas Danzer, 30.10.2021)