Die Welt soll sich nicht um mehr als 1,5 Grad erwärmen – darauf hat sich die Weltgemeinschaft im Abkommen von Paris vor sechs Jahren geeinigt. Doch im Gegensatz zum Kyoto-Protokoll wurde nicht verbindlich vereinbart, wer wie viel zum Klimaschutz beitragen soll. Stattdessen sollen Staaten regelmäßig mitteilen, was sie vorhaben. Was in diesen Plänen steht – und warum das bei weitem nicht genug ist.

China: Umweltsünder mit ambitioniertem Plan

Keine andere Nation bläst so viele Treibhausgase in die Luft wie China. Rund 14 Milliarden Tonnen waren es 2019 – das ist mehr als alle Industrieländer zusammen und rund ein Drittel des weltweiten Gesamtausstoßes. Außerdem ist China der größte Verbraucher von Kohle und fördert dazu neue Kohlekraftwerke im Ausland, von Vietnam bis in den Kongo.

Damit soll bald Schluss sein, sagte Staatschef Xi Jinping im September. Und auch sonst nimmt sich China viel vor. Im Jahr 2030 soll der CO2-Ausstoß seinen Höhepunkt erreichen, bis "vor 2060" will China zu Gänze klimaneutral sein. In dem Plan, den das Land am Donnerstag eingereicht hat, ist erstmals von konkreten Zahlen bezüglich des Ausbaus von Solar- und Windkraft die Rede: 1200 Gigawatt sollen es bis Ende des Jahrzehnts sein – rund dreimal so viel wie aktuell in der EU verbaut sind.

China ist zwar dafür bekannt, lieber weniger zu versprechen und mehr zu liefern als umgekehrt. Trotzdem wäre nach Ansicht vieler Experten noch wesentlich mehr drin. Denn derzeit steuert China mit seiner Politik auf eine rund drei bis vier Grad wärmere Welt zu.

Vereinigte Staaten: Riese mit historischer Verantwortung

Nach der US-Präsidentschaftswahl 2020 ging ein Aufatmen durch die Reihen der internationalen Klimadiplomatie. War Donald Trump kurz nach seinem Amtsantritt 2017 zum Entsetzen vieler aus dem damals noch jungen Pariser Klimaabkommen ausgestiegen, so sind die USA_mit Joe Biden wieder mit im Boot.

Auch wenn China die Vereinigten Staaten als größten CO2-Emittenten längst überholt hat, bleibt historische Verantwortung:_Kein Land hat seit Beginn der Industrialisierung mehr Treibhausgase in die Atmosphäre abgeladen als die USA, auch pro Kopf liegen die Amerikaner vor den meisten anderen. Weil die Vereinigten Staaten von einem so hohen Niveau ausgehen, macht auch die Tatsache, dass die Staaten seit rund 15 Jahren ihre Emissionen stetig senken, das Kraut nicht fett.

Biden wollte deshalb nicht nur mit Versprechen, sondern mit fertig beschlossenen Klimagesetzen nach Glasgow reisen. Doch der Kongress machte ihm einen Strich durch die Rechnung: In dem milliardenschweren Paket fehlen wichtige Teile, etwa zur Umstellung des Strom¬sektors auf erneuerbare Energie. Das Gesamturteil der Experten:_ungenügend.

EU: In Zwietracht geeint

Was klingt wie ein Seniorensportprogramm, soll in Wirklichkeit das größte Klimaschutzpaket der EU aller Zeiten werden: Als "Fit for 55" bezeichnet die EU-Kommission ihre Ambition, bis 2030 um 55 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990. Bis zur Mitte des Jahrhunderts soll die EU dann klimaneutral sein.

Kernpunkte sind ein neuer Emissionshandel für Treibstoffe und Gebäude, ein Klimazoll, höhere Grenzwerte für Neuwagen und eine Klimafinanzierungs-Initiative. Doch: Angekündigt heißt noch nicht beschlossen. Derzeit wird noch über Grundsatzfragen wie die Nachhaltigkeit von Atomkraft diskutiert, vor allem aber, wer wie viel beitragen soll.

Der halbe Weg ist schon gegangen: Derzeit stößt die EU um rund ein Viertel weniger CO2 aus als noch 1990. Doch nicht jedes Land kann sich diesen Zwischenerfolg gleichermaßen auf die Fahnen schreiben. In Österreich sind die Emissionen seitdem sogar leicht gestiegen – das liegt vor allem am Verkehr. Klimaschützer kritisieren, dass der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas in der EU viel zu gemächlich passiert und die Industrie zu wenig zur Kasse gebeten wird.

Gambia, Nepal und Co: Die einsamen Vorreiter

In der schwarz-rot-orange dominierten Karte von Climate Action Tracker gibt es nur einen winzigen grünen Klecks: Gambia ist laut den Fachleuten der einzige Staat der Welt, dessen Politik mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatibel ist. Das afrikanische Land, das ungefähr so groß ist wie Oberösterreich, ist für das Weltklima so gut wie irrelevant. Auch weil Gambia arm ist: Rund die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Mit dem Wohlstand werden auch die CO2-Emissionen steigen – aber in viel geringerem Maße als anderswo. Gambia plant etwa neue Solarkraftwerke

Fast auf Linie mit dem 1,5-Grad-Ziel sind auch Länder wie Costa Rica, Äthiopien, Kenia oder Nepal – alles Fliegengewichte in der globalen Klima¬bilanz. Doch bei starkem Wirtschaftswachstum, wie es der Globale Süden erwartet, das Klima nicht aus den Augen zu verlieren wird in den nächsten Jahrzehnten noch ein großes Thema werden.

Als "beinahe ausreichend" – und damit besser als die EU – bewertet Climate Action Tracker die Klimamaßnahmen des Vereinigten Königreichs. Ab 2030 sind neue Verbrenner-Autos dort etwa verboten, die Emissionen sollen um 68 Prozent sinken. (pp, 31.10.2021)