Der digitale Euro der EZB würde einige Merkmale von Bargeld in sich tragen, aber nicht alle.

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Mitte Juli gab die Europäische Zentralbank (EZB) den offiziellen Startschuss für eine digitale Ausgabe der Gemeinschaftswährung Euro. Zunächst soll dieser, auch E-Euro genannt, zwei Jahre lang auf Herz und Nieren getestet werden, besonders hinsichtlich Gestaltung und Verteilung. Einerseits will die EZB damit den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht werden. Zugleich sollen rechtswidrige Aktivitäten verhindert und unerwünschte Auswirkungen auf die Finanzstabilität und die Geldpolitik vermieden werden.

Mit diesem Projekt ist die EZB in guter Gesellschaft, auch die meisten anderen Notenbanken basteln an digitalen Ausgaben ihrer Währungen, die technisch an Kryptowährungen angelehnt sind. Eine Entscheidung über die Einführung will die EZB nach der Testphase fällen. Eines betont die Notenbank aber bereits jetzt gebetsmühlenartig: Ein digitaler Euro würde Geldscheine und Münzen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Aber bei einigen wichtigen Merkmalen würde sich der E-Euro doch von Bargeld abheben.

BARGELD: Die anonyme Urform des Geldes

Bargeld ist gewissermaßen Urform von Geld. Allerdings wurden Münzen und Scheine immer mehr vom elektronischen Zahlungsverkehr verdrängt. Bei Alltagsgeschäften greifen Österreicher aber nach wie vor gern zu Barem.

Geldschöpfung Bei Bargeld handelt es sich um sogenanntes Zentralbankgeld, das von einer Notenbank ausgegeben wird. Im Unterschied zu Giralgeld tragen Geldscheine und Münzen als gesetzliche Zahlungsmittel ihren Wert gewissermaßen in sich.

Beschränkungen Der Besitz von Bargeld unterliegt grundsätzlich keinen Einschränkungen. Sehr wohl aber die Höhe von Transaktionen: Die EU-Kommission will etwa im Zuge der Geldwäschebekämpfung eine Obergrenze bei 10.000 Euro für die Bezahlung mit Münzen und Scheinen einziehen.

Anonymität Bargeld ist komplett anonym. Der Besitz und die Übertragung von Barem sind daher auch für Behörden kaum nachvollziehbar.

Verzinsung Der Besitz von Münzen und Geldscheinen spielt keine Zinsen ein. Bargeld ist daher der Entwertung der Kaufkraft durch Inflation komplett ausgesetzt.

Übertragung Einer der Schwachstellen von Bargeld verglichen mit Giralgeld ist die Übertragung, die bei Barem zwangsweise physisch erfolgen muss. Bezahlen im Onlinehandel ist daher nicht möglich.

Aufbewahrung In der Brieftasche, im Sparstrumpf oder unter der Matratze – bei der Aufbewahrung gibt es für Bargeld grundsätzlich keine Einschränkungen. Sicherheit sollte aber gewährleistet sein, weshalb die Aufbewahrung größerer Summen, etwa im Bankschließfach, doch gewisse Kosten aufwirft.

GIRALGELD: Guthaben bei Finanzinstituten

Unter Giralgeld oder Buchgeld versteht man Guthaben auf Konten bei Finanzinstituten. Dieses wird für Überweisungen oder Kartenzahlungen verwendet. Bei einer Behebung an einem Bankomat wird Giralgeld in Bargeld getauscht.

Geldschöpfung Giralgeld wird durch Geschäftsbanken durch die Vergabe von Krediten geschaffen. Es ist zwar kein gesetzliches Zahlungsmittel, wird aber allgemein als Zahlungsmittel akzeptiert. Als Forderungen gegen eine Bank aufgrund eines Guthabens unterliegt Buchgeld jedoch dem Risiko einer Insolvenz der kontoführenden Bank. Damit in diesem Fall die Einlagen nicht gänzlich verlorengehen, sind sie bis zu 100.000 Euro pro Kunde und Finanzinstitut abgesichert.

Beschränkungen Beim Besitz und der Übertragung von Giralgeld bestehen grundsätzlich keine Einschränkungen.

Anonymität Bei Giralgeld besteht keine Anonymität. Abgesehen vom Bankgeheimnis und anderen Elementen zum Schutz der Privatsphäre sind Transaktionsdaten theoretisch nicht nur von beteiligten Finanzdienstleistern nachvollziehbar, sondern unter gewissen Voraussetzungen auch von Behörden.

Verzinsung Giralgeld wird grundsätzlich verzinst. Auf Guthaben gibt es derzeit wegen der Geldpolitik der EZB keine oder kaum Zinsen, sehr wohl fallen aber welche bei Kontoüberziehungen an.

Übertragung Die Übertragung erfolgt elektronisch und ist daher einfacher und schneller als Bargeld.

Aufbewahrung Giralgeld befindet sich auf Konten, auf die nur Berechtigte zugreifen können, etwa über eine Kontokarte mit PIN-Code.

DIGITALER EURO: Das Beste aus zwei Welten?

Der digitale Euro ist eine Mischform von Bargeld und Giralgeld. Ob der E-Euro aber tatsächlich das Beste aus zwei Welten vereinen würde, hängt von der Ausgestaltung durch die EZB ab.

Geldschöpfung Auch beim digitalen Euro würde es sich um Zentralbankgeld handeln.

Beschränkungen Beim Besitz ist beim digitalen Euro mit Einschränkungen zu rechnen, wahrscheinlich ein maximales Guthaben pro Person von etwa 3000 Euro. Andernfalls bestünde die Gefahr, den Bankensektor zu destabilisieren, wenn zu viele Kunden ihre Konten leerten, also Giralgeld in den E-Euro als sicheres Zentralbankgeld tauschten. Zudem drohen den Banken ohnedies Geschäftseinbußen im Zahlungsverkehr durch den digitalen Euro.

Anonymität Inwieweit der E-Euro Anonymität gewährt, hängt von der Ausgestaltung der EZB ab. Anonymität ist den Behörden bei der Bekämpfung von Kriminalität und Geldwäsche ein Dorn im Auge, da Zahlungsströme kaum nachzuvollziehen sind. Wäre der E-Euro so gestaltet, dass die EZB als hoheitliche Behörde sämtliche Transaktionen der Bürger einsehen könnte, würde er jedoch kaum deren Akzeptanz finden. In diesem Punkt muss die EZB einen geeigneten Mittelweg finden.

Verzinsung Im Gegensatz zu Bargeld kann der E-Euro verzinst werden und im Extremfall auch mit Negativzinsen belegt werden.

Übertragung Die Übertragung des E-Euro erfolgt elektronisch, er wäre für den Onlinehandel geeignet.

Aufbewahrung Wie Kryptowährungen würde der digitale Euro in einer elektronischen Geldbörse, einer sogenannten Wallet, aufbewahrt. (Alexander Hahn, 31.10.2021)