Österreichs größtes Eishockeytalent Marco Rossi erkrankte nach einer CoV-Infektion schwer an einer Myokarditis. Er ist mittlerweile genesen und geimpft.

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Joshua Kimmich, Mittelfeldspieler des FC Bayern, ist einer der wenigen noch ungeimpften Spieler in der Deutschen Bundesliga (Impfquote 90 Prozent). Die Begründung für seine Impfskepsis: mögliche noch unbekannte Langzeitfolgen. Das entlockte nun sogar Fußballfan Angela Merkel einen aufmunternden Kommentar: "Interessant sind ja die Argumente, mit denen er seine Entscheidung begründet, denn es gibt auf seine Fragen und Zweifel sehr gute Sachargumente, die allgemein verfügbar sind", sagte die deutsche Noch-Kanzlerin der aktuellen Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Aufforderungen zum Nachdenken

Nachsatz von Merkel: "Vielleicht macht sich Joshua Kimmich darüber ja auch noch Gedanken. Er ist ja als sehr reflektierter Fußballer bekannt." Etwas uncharmanter war da die Aufforderung des österreichischen Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein an das ebenfalls mRNA-impfskeptische Tennisass Dominik Thiem, sich doch impfen zu lassen und nicht auf einen sogenannten Totimpfstoff zu warten.

Was also sind die Sachargumente, auf die Merkel verweist? Die Impfstoffe kommen seit rund zehn Monaten großflächig zur Anwendung, rund sieben Milliarden Dosen wurden bereits weltweit verimpft. Von Nebenwirkungen, die erst nach Monaten aufgetreten wären, ist nach wie vor nichts bekannt. Was aber ist mit den schwereren Nebenwirkungen, die unmittelbar nach der Impfung in sehr seltenen Fällen auftreten?

Studien zu Comirnaty

Mittlerweile ist in Österreich und Deutschland sowie in den meisten anderen europäischen Ländern vor allem Comirnaty, der Impfstoff von Biontech/Pfizer, im Einsatz. Und das ist auch das vermutlich besterforschte Vakzin, das es je gab. Besonders gute Untersuchungen zu den Nebenwirkungen von Comirnaty stammen aus Israel, wo ausschließlich dieses Vakzin zum Einsatz kam.

Bereits im September veröffentlichte ein internationales Team im angesehenen "New England Journal of Medicine" (NEJM) eine großangelegte Untersuchung über die Nebenwirkungen bei rund 884.000 Geimpften in Israel im Vergleich zu einer ebenso großen Kontrollgruppe. Die Ergebnisse zeigte, dass die häufigste und wichtigste schwere Nebenwirkung Herzmuskelentzündungen waren – mit 2,7 Fällen pro 100.000 Impfungen.

Die Erkrankung tritt meistens wenige Tage nach der zweiten Impfung auf, die typischen Symptome sind Brustschmerzen, Fieber oder Krankheitsgefühl. International wurden 95 Prozent der Fälle als mild beschrieben mit einem zumeist kurzen Krankenhausaufenthalt.

Vergleich man diese Zahlen mit dem Risiko einer Myokarditis nach einer Infektion, dann schneidet die Impfung deutlich besser ab: In dem Fall wurden elf Fälle pro 100.000 registriert; zudem wurden auch noch andere Herzrisiken wie Rhythmusstörungen oder Herzinfarkt sowie für akute Nierenschäden und Lungenembolien beobachtet.

Weitere Auswertungen

Nach Veröffentlichung der Studie gab es die Anregung, dass man die Daten besser nach Alter und Geschlecht differenzieren sollte, da bekannt ist, dass für männliche und jüngere Personen das Risiko für Myokarditis höher ist. Also haben die Forschenden ihre Ergebnisse einer weiteren Analyse unterzogen, die sie vor wenigen Tagen ebenfalls im "NEJM" als Kurzstudie publizierten.

Da die Fälle zu selten sind, um klare statistische Aussagen hinsichtlich Geschlecht und genauer Altersgruppen zu geben, haben die Forschenden vier Gruppen gebildet: Männer von 16 bis 39 Jahre, Männer ab 40, Frauen von 16 bis 39 Jahre und Frauen ab 40. Dabei bestätigte sich, dass junge Männer am anfälligsten sind – mit etwa 8,2 zusätzlichen Fällen von Myokarditis pro 100.000 Impfungen. Das ist immer noch weniger als die beobachteten 11,5 Fälle pro 100.000 Infektionen.

Der EU-Ausschuss für Risikobewertung (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) hat bereits im Sommer beschlossen, Myokarditis und Perikarditis als mögliche Nebenwirkung in die Fach- und Gebrauchsinformationen beider mRNA-Impfstoffe (Comirnaty/Biontech und Spikevax/Moderna) aufzunehmen. PRAC betont dennoch, dass – wie auch die israelischen zahlen zeigen – das Nutzen-Risiko-Verhältnis der mRNA-Impfstoffe weiterhin positiv ist.

Myokarditis nach Infektion

Und um noch einmal auf den Spitzensport, Covid-19 und Herzmuskelentzündungen zurückzukommen: Auch durchtrainierte Athleten sind nicht vor schweren Covid-19-Verläufen gefeit. Österreichs größte Eishockeyhoffnung Marco Rossi hat sich im November 2020 mit Sars-CoV-2 infiziert und eine Myokarditis davongetragen, die er zunächst überging. Todesängste und eine mehr als dreimonatige Pause waren die die Folge. Ein Jahr danach spielt und punktet er zum Glück wieder. Obwohl genesen ist Marco Rossi auch geimpft. (Klaus Taschwer, 31.10.2021)