Großartige Outfits und dazu berühmte Affen der Populärkultur, von Donkey Kong bis Cheetah.

Karolina Miernik

Wien – Sprache dient der Verständigung, wir sprechen, um uns mitzuteilen. Unser Sprachvermögen unterscheidet uns von Tieren und erhöht uns (in den Augen der allermeisten) auch über diese. Was aber, wenn Sprache plötzlich nicht mehr funktioniert – weil das Gegenüber sie gar nicht hören kann? Das in etwa ist die Versuchsanordnung in Stadt der Affen, der ersten Arbeit von Lies Pauwels in Österreich. Uraufführung war am Samstag im Kasino des Burgtheaters. Die Belgierin ist bekannt für ihre auf Improvisationen basierenden Stücke mit Profis und Laien, die gern als gewagt verstanden werden. Wobei am relativ angepassten Stadttheater schnell einmal etwas als riskant gilt.

In Stadt der Affen arbeitet Pauwels mit drei Mitgliedern des Burg-Ensembles (Stefanie Dvorak, Max Gindorff, Hans Dieter Knebel) und vier gehörlosen und schwerhörigen Jugendlichen: Ruben Grandits, Wesal Jahangiri, Julia Oberroithmair und Habib Teamori. Das Stück, entstanden aus Improvisationen, umkreist Vorstellungen von Zugehörigkeit und Hierarchie, von Ordnung, Chaos, Scheitern und Normalität. Ausgangspunkt ist der Nimbus der Sprache als der unmittelbaren Emanation von Geist, Verstand und also Überlegenheit.

Koko, Cheetah & Co

Das Ensemble verwandelt sich auf der Bühne in berühmte, reale wie fiktionale Affen, in Donkey Kong, Koko, Cheetah und Co. Wesen, die beinahe 99 Prozent ihres Erbguts mit uns teilen und mit denen wir trotzdem glauben, nichts gemein zu haben – nicht zuletzt, weil sie nicht unsere Sprache sprechen. In Analogie scheinen die Gehörlosen gesetzt zu werden, aufgrund ihrer Disposition ebenfalls als "anders" markiert und oft ausgegrenzt und unterschätzt.

Stadt der Affen ist in seiner assoziativen, spielerischen Struktur ein geradezu traumartiger Abend, der wenig auf Logik oder stringente Dramaturgie setzt, viel aber auf Gefühl, Empathie, Intuition. In großartigen Outfits – bunten Ringelstrümpfen, Pelzmänteln oder Fußballtrikots, manchmal auch mit Planet der Affen-Filmplakaten wie Königsmänteln über der Schulter (Bühne und Kostüme: Johanna Trudzinski) – gibt das Ensemble nicht nur ein "Affentheater", sondern auch Menschen, die versuchen, sich verständlich zu machen.

Erfahrung einer gehörlosen Frau

Die jungen Erwachsenen beeindrucken mit enormer Bühnenpräsenz, Julia Oberroithmair erklärt in einer eindrucksvollen Szene, in von Stefanie Dvorak übersetzter Gebärdensprache, Hans Dieter Knebel als altem, der Abstraktion huldigendem Mann, wie sie als gehörlose Frau die Welt erlebt – und welchen Übergriffen gehörlose Frauen ausgesetzt sind. Noch stärker ist der Abend, wenn nicht um Worte gerungen, sondern mit den Körpern gesprochen wird, in den vielen choreografischen Passagen. Dafür gab es reichlich (Gebärden-)Applaus. (Andrea Heinz, 3.11.2021)