Die UN-Klimakonferenz findet dieser Tage in Glasgow statt.

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In Glasgow wird gerade das Blaue vom Himmel versprochen. Spitzenpolitiker aus aller Welt sind in die schottische Industriestadt gepilgert, um ihr bisheriges Versagen im Klimaschutz mit Versprechen zu übertünchen. Viele von ihnen sind übrigens mit Privatjets angereist. Rund 400 solcher Flieger landen während des Weltklimagipfels in Glasgow, wie britische Medien berichteten. Doch auch der enorme Treibhausgasausstoß, den private Flieger im Vergleich zu Charterflügen verursachen, ist schnell vergessen, wenn auf dem Podium im Veranstaltungszentrum große Worte folgen.

Am Dienstag kam die Ankündigung gleich in der Früh: Mehr als 100 Staaten haben beschlossen, der Entwaldung Einhalt zu gebieten. Diese gilt als besonders klimaschädlich. Trotzdem wurde 2020 eine Waldfläche gerodet, die in etwa der Größe des Gastgeberlandes Großbritannien entspricht. Damit soll Schluss sein – allerdings nicht sofort, sondern erst 2030.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro ging noch vor der Konferenz einen Schritt weiter. Er kündigte an, illegale Abholzungen im Amazonasgebiet bis 2028 vollständig zu unterbinden. Angesichts der Tatsache, dass die Rodungen bereits jetzt gegen das Gesetz verstoßen, ist die Ankündigung eher als Aktionismus zu betrachten. Zudem macht der bisherige Kurs des Präsidenten, dem wegen seiner Klimapolitik eine Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof blüht, die Ankündigung alles andere als glaubwürdig.

Auch US-Präsident Joe Biden hat ein Versprechen im Gepäck: Die USA wollen ihre Methanemissionen deutlich reduzieren. Öl- und Gaskonzerne sollen verpflichtet werden, ihre größten Bohrlochstandorte routinemäßig auf Methanlecks zu überprüfen – und gegebenenfalls zu reparieren. Die Bundesstaaten sollen Pläne zur Methanreduktion entwickeln, hunderttausende verlassene Öl- und Gasbohrlöcher versiegelt werden. Angesichts der starken Klimawirkung des Treibhausgases wäre das ein Erfolg.

Dennoch: Unterm Strich bedienen sich die Staaten der "low-hanging fruits", der niedrig hängenden Früchte. Mit wenig Aufwand können große Versprechen gemacht werden. Jetzt ein Ende der Abholzung bis 2030 zu versprechen ist angesichts der langen Zeitspanne einfach. Ganz abgesehen davon, dass 2014 eine beinahe wortidente Einigung beschlossen wurde. Auch damals hieß es, man wolle die Abholzung bis 2030 stoppen. Und auch Konzerne dazu aufzufordern, Methanlecks zu überprüfen, ist leichter, als Verbote auszusprechen.

Woran sich die Staats- und Regierungschefs hingegen nicht herantrauen, sind die großen Maßnahmen. Jene wahrlich saftigen Früchte der Klimapolitik, für deren Ernte mehr Anstrengung notwendig ist: ein Ende der Subventionen und Förderungen für fossile Brennstoffe. Gesetzlich bindende Pfade zur Emissionsreduktion. Konsequenzen bei deren Nichteinhaltung. Geld für die Klimaanpassung – im Inland und im Globalen Süden. Mit anderen Worten: tiefgreifende Maßnahmen statt einfacher und unverbindlicher Versprechen.

Das gilt übrigens für Österreichs Regierungsspitze genauso wie für den Rest der Welt. Auch Alexander Schallenberg betonte in Glasgow, dass die Republik ihren Beitrag im Klimaschutz leiste. Ein verbindliches Klimaschutzgesetz gibt es in Österreich seit elf Monaten nicht. Das Blaue vom Himmel ist nicht grün genug. (Nora Laufer, 2.11.2021)