Immer mehr Betriebe testen eine Viertagewoche, die Wochenstunden der Beschäftigten bleiben dabei oft unverändert.

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Durch den Feiertag am Montag hatten wohl einige Beschäftigte in Österreich diese Woche ein verlängertes Wochenende. Vier Tage arbeiten, drei Tage frei – könnte das nicht immer so sein? Der Wunsch nach einer Viertagewoche ist in der Bevölkerung jedenfalls groß, wie Umfragen belegen.

Den Befürwortern spielen die Erkenntnisse einer Langzeitstudie aus Island in die Karten. Im Auftrag der Regierung wurde dort eines der größten Experimente zur Viertagewoche durchgeführt, wissenschaftlich begleitet vom Thinktank Autonomy sowie der Gesellschaft für nachhaltige Demokratie (Alda). Von 2015 bis 2019 arbeitete ein Prozent aller Arbeitnehmer – insgesamt 2.500 Isländer – mit einer reduzierten Wochenarbeitszeit von 35 bis 36 Stunden ohne Lohnkürzung. Darunter waren Beschäftigte in Bürojobs, Schichtarbeitende, aber auch Angestellte in Kindergärten, sozialen Einrichtungen und Spitälern. Das Ergebnis: Die Produktivität blieb meist gleich oder verbesserte sich, und das Wohlbefinden der Arbeitenden stieg. 86 Prozent aller Beschäftigten haben nun langfristig die Arbeitszeit reduziert oder zumindest Anspruch darauf.

Nach dem Vorbild Skandinaviens führte auch die Osttiroler Latschenölbrennerei Brüder Unterweger im Oktober 2017 die Viertagewoche ein. Seitdem arbeiten die rund 60 Angestellten des Traditionsbetriebs in Assling nur noch von Montag bis Donnerstag. Mit der Verkürzung der Wochenarbeitszeit ging eine Verlängerung der Tagesarbeitszeit auf neun Stunden einher. Unter Berücksichtigung von zwei bezahlten 15-Minuten-Pausen am Vormittag und Nachmittag arbeiten die Angestellten nun 34 Stunden pro Woche. Die Gehälter entsprechen aber denen einer Vollzeitbeschäftigung von 38,5 Stunden. Vier Jahre später fällt das Fazit nach wie vor positiv aus: "Ich denke, die Umstellung hat sich in vielerlei Hinsicht gelohnt – vor allem die Zufriedenheit unter uns Beschäftigten ist seitdem gestiegen", sagt die Angestellte Mechthild Stocker.

Unterschiedliche Modelle

Seit Oktober bietet auch das steirische Unternehmen Maschinenbau Koller in Seebach bei Aflenz eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit. "Unsere 85 Mitarbeiter können neuerdings über eine Vier- oder Fünftagewoche entscheiden, ob Früh- oder Nachmittagsdienst, steht ebenso zur Wahl", sagt Co-Geschäftsführer Wolfgang Grabner. Alle Beschäftigten können sich individuell für eines der folgenden Modelle entscheiden: die Viertagewoche, die klassische Fünftagewoche oder ein Kombinationsmodell mit wöchentlich abwechselnd vier und fünf Arbeitstagen.

Für den Schichtbetrieb sei es zwar eine große logistische Herausforderung, doch der Aufwand lohnt sich laut Grabner: "70 Prozent der Beschäftigten haben sich für eines der neuen Arbeitszeitmodelle entschieden. Bereits einen Monat nach der Umstellung hat sich die Zufriedenheit und damit das Betriebsklima enorm verbessert." Die Testphase läuft insgesamt drei Monate, doch bereits Ende November wird die Entscheidung getroffen, ob das Angebot auch künftig bestehen bleibt. "Ich gehe stark davon aus, dass wir die neuen Arbeitszeitmodelle weiterhin anbieten werden. Auch viele Beschäftigte sagen, sie können sich nicht mehr vorstellen, wieder wie früher zu arbeiten", sagt der Geschäftsführer. Ab Anfang 2022 können sich die Mitarbeitenden dann jährlich für eines der drei Modelle entscheiden. Im Jänner geht außerdem der Schwesterbetrieb BVT in Lannach in die dreimonatige Testphase.

Auf der Suche nach qualifiziertem Personal sind kreative Lösungen gefragt. Auch die Tischlerei Schneider setzt auf flexible Arbeitszeiten.
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Gleiche Stundenzahl

Mit weniger Wochenstunden geht der Umstieg auf die Viertagewoche aber nicht einher: Die Gesamtarbeitszeit bei dem Maschinenbauunternehmen beträgt bei allen Modellen weiterhin 38,5 Stunden. Eine Reduktion bei gleichem Lohn wäre laut Grabner nicht so leicht umzusetzen: "In der Produktion ist die Maschinenlaufzeit enorm wichtig. Um Wettbewerbsfähig zu bleiben, sehe ich aktuell keine Möglichkeit, die Arbeitszeit auf beispielsweise 35 Stunden pro Woche zu reduzieren." Dennoch komme das Angebot nicht nur im Betrieb, sondern auch bei potenziellen Beschäftigten gut an: "Wir suchen seit Monaten nach neuen Mitarbeitern in der Produktion. Seitdem wir diese neuen Arbeitszeitmodelle haben, konnten wir schon drei Stellen besetzen", sagt der Leiter.

Auf eine Viertagewoche bei gleichbleibender Arbeitszeit setzt auch die Tischlerei Schneider mit Sitz in Mariahof. "Die Beschäftigten können wählen, ob sie die 40 Stunden wie bisher an fünf Tagen oder von Montag bis Donnerstag beziehungsweise von Dienstag bis Freitag machen", sagt Geschäftsführerin Sonja Forstner. Aus der Belegschaft habe sich aktuell nur einer der elf Beschäftigten entschieden, die Arbeit künftig an vier Tagen zu erledigen. Jobsuchende würde die Option eines verlängerten Wochenendes laut Forstner hingegen sehr ansprechen: "Wir haben seit der Umstellung etwa 50 Bewerbungen erhalten, darunter waren aber nur ein paar Fachkräfte." Zwei neue Tischler starten im Jänner mit einer Viertagewoche. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit sei für den steirischen Familienbetrieb deshalb bereits jetzt ein Erfolg. (Anika Dang, 4.11.2021)