Österreichs Strom soll bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Dafür wird ein massiver Ausbau notwendig sein.

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Eigentlich liegt im Klimaschutzministerium schon ein erster Gesetzesentwurf für die Reform der Umweltverfahren (UVP) auf. Für Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) geht der Vorschlag von Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) aber offensichtlich nicht weit genug. Bereits im Sommer propagierte Brunner eine umfangreiche Reform, mit der Umweltverfahren beschleunigt werden sollen. Jetzt konkretisierte er die Forderungen – und richtet sich damit in erster Linie an seine Regierungskollegin im eigenen Ressort.

Zu lange Verfahren

Österreichs Strom soll bis 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Dafür wird ein massiver Ausbau an Windkraftwerken, Wasserkraftwerken, Speicherkraftwerken und Stromleitungen notwendig sein. Das Problem: Allein die Genehmigungsverfahren für die Anlagen dauern häufig Jahre. Dazu kommt die Bauzeit. Dass Österreich sein Ziel erreichen kann, ist unter Experten daher schon jetzt mehr als fraglich.

Um die Bewilligung von Kraftwerken und anderen Anlagen künftig zu beschleunigen, schlägt Brunner eine maximale Verfahrensdauer von zwei Jahren vor. Anträge und Vorbringen von Gegnern eines Projektes sollen nur noch innerhalb bestimmter Fristen möglich sein. Dafür könnte das Verfahren in verschiedene "Themenblöcke" gegliedert werden, sagt Brunner. Insgesamt soll mit neuen Vorbringen je nach Komplexität des Projekts nach drei bis zwölf Monaten Schluss sein. Umweltorganisationen oder Nachbarn könnten dann keine neuen Einwendungen mehr erheben.

Der "Stand der Technik" soll laut Brunner nicht mehr bis zur mündlichen Verhandlung nachgewiesen werden müssen, sondern mit Beginn des Verfahrens "eingefroren" werden. Das würde Zeit sparen, weil Gutachten nicht mehrfach erstellt werden müssten. Potenzial sieht der Staatssekretär auch bei der Digitalisierung der Verfahren. Und: Brunner wünscht sich "Pro-Bürgerinitiativen". Derzeit können nur Initiativen, die sich gegen ein Projekt richten, am Verfahren teilnehmen. Geht es nach dem Staatssekretär, sollen künftig auch Gruppen Akteneinsicht haben, die für ein Projekt sind.

Maximaldauer jetzt schon vorgesehen

Eine Maximaldauer für UVP-Verfahren gibt es freilich schon seit Jahren. Das Gesetz sieht eine Dauer von sechs beziehungsweise neun Monaten vor. Die theoretischen Fristen können in der Praxis aber oftmals nicht eingehalten werden. Ob sich das durch die Vorschläge Brunners ändern würde, ist zumindest fraglich. Der Staatssekretär rechnet damit, dass sich die "Effizienzsteigerungen" direkt in einer kürzeren Verfahrensdauer niederschlagen werden. Konsequenzen soll es bei Überschreiten der Zweijahresfrist nicht geben.

Die Gründe für lange Verfahren sind in der Praxis vielseitig – und nicht nur auf verspätete Anträge von Projektgegnern zurückzuführen. Umweltorganisationen und Umweltrechtler haben in der Vergangenheit etwa darauf hingewiesen, dass Projektwerber ihre Anträge mitunter abändern und damit das Verfahren selbst hinauszögern. Aus Sicht von Brunner ist das allerdings die Ausnahme.

Die Kritik, dass Behörden oft deshalb länger brauchen, weil ihnen schlicht die Ressourcen fehlen, kann der Staatssekretär nachvollziehen. Zusätzliches Geld soll es aber nicht geben. Das Problem würde sich durch Effizienzsteigerungen im Verfahren selbst lösen.

Sonderreglung für "klimarelevante Projekte" denkbar

UVP-Verfahren betreffen nicht nur Windkraftwerke oder Stromleitungen, sondern auch andere größere Projekte wie Autobahnen. Laut Brunner wäre es denkbar, dass es für "klimarelevante Projekte" eine Sonderregelung gibt. Dort, wo die Zeit besonders drängt, könne dann auch früher bewilligt werden.

Derzeit sei eine Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung eines konkreten Vorschlags beschäftigt, Zeitplan gibt es noch keinen. Ein erster Entwurf für eine Reform der UVP-Verfahren liegt eigentlich schon im Ministerium auf. Der Vorschlag von Umweltministerin Gewessler geht Staatssekretär Brunner allerdings nicht weit genug. Er setze nur europarechtliche Vorgaben um, notwendig sei aber eine umfangreiche Reform. Brunner selbst könne nur Vorschläge machen. Zuständig sei Ministerin Gewessler. (Jakob Pflügl, 3.11.2021)