Architekturkritiker Jan Tabor wurde als Publizist und Lehrender bekannt.

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Der Architekturkritiker, Architekturtheoretiker und Publizist Jan Tabor ist, wie seine Familie bekanntgab, am vergangenen Freitag gestorben. Bekannt wurde er vor allem als langjähriger Autor der Wiener Stadtzeitung Falter und als langjähriger Dozent an der Universität für angewandte Kunst Wien.

Geboren 1944 im böhmischen Poděbrady, studierte er ab 1963 in Brünn, bevor er im Zuge des Prager Frühlings 1968 nach Wien emigrierte. Dort studierte er Grünraumgestaltung, Architektur und Raumplanung an der Boku und an der TU Wien. Ab den 1980er-Jahren war er als meinungsstarker und erzählfreudiger Architekturkritiker für verschiedene Medien tätig, darunter den Falter und die Salzburger Nachrichten. 2011 wurde er mit dem Preis der Stadt Wien für Publizistik ausgezeichnet.

Zu den zahlreichen von ihm kuratierten Ausstellungen zählen unter anderem Den Fuß in der Tür: Manifeste des Wohnens (2000) und Mega: Manifeste der Anmaßung (2002), beide im Wiener Künstlerhaus.

Lehre und Exkursionen

Seine Lehrtätigkeit an der Universität für angewandte Kunst Wien und der Akademie der bildenden Künste Bratislava war eng verzahnt mit seinen vielfältigen Aktivitäten und Initiativen im österreichisch-tschechisch-slowakischen Kulturraum. Lange Jahre führte er gemeinsam mit seiner Tochter, der Radiojournalistin Anna Soucek (Ö1), das Forum für experimentelle Architektur (FEA) im Museumsquartier und die Kunstkolchose Mikulovice in der Nähe von Znojmo (Znaim).

Grenzüberschreitend waren auch die Exkursionsreihe Symposium unterwegs, die er seit 2000 in unregelmäßigen Abständen an den Grenzen zu Tschechien, Slowakei und Ungarn entlangführte, und das von ihm gemeinsam mit Studierenden entwickelte Modell einer neuen europäischen Stadt namens Urbo Kune (Esperanto für "gemeinsame Stadt"), eine "exemplarische Weltstadt, die der Wissenschaft, der Bildung, der Kunst und dem Sport gewidmet ist".

Am vergangenen Freitag ist Jan Tabor in Venedig, wo er sich zum Besuch der Architekturbiennale aufhielt, gestorben. (Maik Novotny, 3.11.2021)