Männer in Ledergeschirren: "Cuir", ein subtiles Duett der Gruppe Un Loup pour l’Homme.

Edouard Barra

Wien – Spätestens seit Florentina Holzinger wissen wir, dass auch Vertikalseile oder Fleischerhaken auf Theaterbühnen ihren Platz finden können. Noch mehr davon hat die zeitgenössische Zirkuskunst im Programm. Sie hat in Österreich mit dem ersten Förderentscheid 2016 als Kunstsparte einen enormen Kick bekommen. Vierjahresverträge wurden ausgegeben, Räume zur Verfügung gestellt, Residencys finanziert – selbst wenn der 200.000-Euro-Topf ein höchst bescheidener ist. Besonders sichtbar ist Zirkuskunst abseits von etablierten Festivals wie La Strada oder dem Winterfest in Salzburg aber noch nicht – ganz klar, es mangelt an einem definierten Haus.

KreativKultur

Jonglage und Poetry

Dennoch bewegt sich viel. Zirkuskunst hat sich längst vom Zelt-und-Manege-Image emanzipiert und ist eine Bühnenkunst geworden, die intensiv an den Schnittstellen zu anderen Kunstsparten forscht. Ausdruck dieser Entwicklung ist das Festival On the edge #9, das nun über eine Woche lang im Wiener Wuk internationale und nationale Acts präsentiert. Treibende Kraft ist der seit zehn Jahren bestehende Verein Kreativkultur, heute geleitet von Elena Lydia Kreusch und Arne Mannot. Sie haben das Festival initiiert. Ein Vorgängerfestival 2012 in der Seestadt Aspern liegt weit zurück.

Kathrin Wagner etwa verbindet Jonglage und Poetry Slam und beschäftigt sich mit Sexismus auf der Bühne. Anne Kugener untersucht die Beziehung zu Objekten. Julian Vogel kreiert eine audiovisuelle Erfahrung mit hypnotischem Charakter. Maja Karolina Franke und Ralph Öllinger untersuchen Rollenbilder in der partnerakrobatischen Praxis. Die Zerbrechlichkeit von Beziehungen erforscht zum Abschluss am 12. und 13. November die Compagnie Un Loup pour l’Homme in Cuir. (afze, 4.11.2021)