Vorbilder gibt es viele – vor allem in den angloamerikanischen Ländern. Dort werden längst "Compliance-Monitors" eingesetzt, wenn Unternehmen wegen Verstößen gegen Gesetze und anderes Regelwerk ("Compliance") in Schwierigkeiten geraten und zur Rechenschaft gezogen werden. Damit das nicht mehr vorkommt, holen Unternehmen angesehene Personen ins Haus; ihre Aufgabe ist es dann, das interne Regelwerk zu durchforsten, zu prüfen, wie Compliance-Verantwortliche kooperieren, und Schnittstellen zu kappen, an denen Fehler auftreten können.

Kurzum: Das gesamte Compliance-Regelwerk wird unter die Lupe genommen und auf den Prüfstand gestellt. So geschehen etwa bei VW im Dieselskandal: Da hat das US-Justizministerium einen Compliance-Monitor ins Unternehmen geschickt. Für die Unternehmen rechnet sich das: Die Behörden tragen dem Vorgehen Rechnung und verhängen geringere Strafen.

Erster Fall Strabag

Das ist nun – abseits des Lichts der Öffentlichkeit – auch in Österreich geschehen. Und zwar im Rahmen der Causa Baukartell, in der es um Preisabsprachen in sehr vielen Bauunternehmen geht.

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat bereits erste Bußen verhängt. Die Strabag, eine Art Kronzeugin, musste 45 Millionen Euro zahlen, die Porr wurde zu 62 Mio. Euro verdonnert. Das ist die höchste Kartellstrafe, die in Österreich je verhängt wurde, rechtskräftig ist sie nicht. Dass die Strabag, relativ gesehen, so günstig davongekommen ist, liegt aber eben daran, dass sie zwei Jahre lang ein externes Compliance-Monitoring durchführen lässt. Selbiges habe man "auf eigene Initiative" beschlossen, erklärt eine Sprecherin. Ziel: "Nachhaltige und kontinuierlich Verbesserung des Compliance-Management-Systems". Die Leiterin des Monitoring-Teams ist in Österreich sehr bekannt: Ex-SPÖ-Politikerin und Ex-Siemens-Vorstandsmitglied Brigitte Ederer.

Ederer hat Erfahrung

Trägerorganisation und verantwortlich für Organisation und Ablauf ist Austrian Standards, also das einstige Normungsinstitut, zu dessen Aufgabe jetzt schon die Zertifizierung von Compliance-Systemen zählt. Austrian Standards ist Auftragnehmer der Strabag und hat seinerseits ein dreiköpfiges Team ins Unternehmen geschickt: Ederer und zwei hochqualifizierte Juristen. Warum Ederer?

Laut Austrian Standards, weil sie hoch angesehen sei, Industrieerfahrung und auch Erfahrung im Umgang mit einem Riesencompliancefall habe, Stichwort: "Schwarze Kassen" bei Siemens in Deutschland.

Externe, die das Compliance-System in Unternehmen unter die Lupe nehmen, auf dass Verstöße künftig verhindert werden, werden nun auch in Österreich eingesetzt.
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Bezahlt werden die drei von Austrian Standards, die Kosten für die Strabag belaufen sich dem Vernehmen nach auf rund 500.000 Euro. Entstanden sei das Ganze auf Vorschlag eines Strabag-Anwalts, erzählt Peter Jonas, bei Austrian Standards für Zertifizierungen zuständig. Der mit der Strabag erarbeitete Plan sei dann der BWB unterbreitet worden, die ihn für gut erachtet habe. BWB-Chef Theodor Thanner bestätigt das.

Compliance wird "gewürdigt"

Wichtig sei, dass Unternehmen Maßnahmen treffen, die die Gefahr weiterer Preisabsprachen verhindern, das Compliance-Monitoring trage dazu bei. Das Monitoring sei in die Geldbuße der Strabag "eingepreist" worden, denn man müsse das Bemühen um gute Compliance "würdigen". Angeblich wurde die Geldbuße für die Strabag um rund fünf Prozent billiger, bestätigt wird das nicht.

Inzwischen dürfte die Einsetzung des Compliance-Monitoring Schule machen, zumindest in der Baubranche. Auch Porr soll einen solchen Prozess aufgesetzt haben. (Renate Graber, 6.11.2021)