Lars Klingbeil und Saskia Esken sollen die SPD zukünftig führen.

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Berlin – Das SPD-Präsidium und der Parteivorstand haben am Montag Saskia Esken und Lars Klingbeil jeweils einstimmig als künftige Parteivorsitzende nominiert. Das teilte der scheidende Ko-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans nach den Gremiensitzungen in Berlin mit. Er äußerte die Hoffnung, dass der SPD-Parteitag der neuen Doppelspitze mit großer Mehrheit zustimmen werde. Die neue SPD-Spitze soll auf einem Bundesparteitag vom 10. bis 12. Dezember in Berlin gewählt werden.

Walter-Borjans betonte, es sei in den vergangenen beiden Jahren gelungen, "eine neue Kultur der Führung und der Zusammenarbeit" in der SPD zu etablieren. Dazu gehöre auch, Mitglieder stärker an Entscheidungen zu beteiligen. "Ich würde mir sehr wünschen, wenn dieser Zusammenhalt, dieser Schulterschluss eine Kontinuität würde", betonte der Ko-Vorsitzende, der selbst nicht erneut antreten will.

Gute Zusammenarbeit

Ausdrücklich lobte Walter-Borjans die Arbeit seiner bisherigen Duo-Partnerin Esken. Diese habe "großen Anteil daran, dass wir mit dieser Aufstellung, dieser Geschlossenheit in den Wahlkampf gehen konnten". Mit dem bisherigen Generalsekretär Klingbeil gebe es dazu nun "eine Ergänzung aus einer eng zusammenarbeitenden Spitze heraus".

Esken betonte ihr gutes Verhältnis und ihre seit vielen Jahren gute Zusammenarbeit mit Klingbeil, auch im Fachbereich Digitalpolitik, der für beide ein inhaltlicher Schwerpunkt ist. Das gemeinsame Ziel müsse jetzt sein, den Markenkern der Partei weiter herauszuarbeiten und dafür "die Kraft der besonderen Vielfalt der SPD zu nutzen", sagte Esken. Sie wird dem linken, Klingbeil dem rechten Parteiflügel zugerechnet.

Esken ist seit 2019 Parteichefin, Klingbeil seit Ende 2017 SPD-Generalsekretär. Walter-Borjans hatte auf eine neue Kandidatur verzichtet. Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte deutlich gemacht, dass er den Parteivorsitz nicht anstrebe.

"Sozialdemokratisches Jahrzehnt"

Esken wies bereits am Morgen im ARD-"Morgenmagazin" auf die jahrelange enge Zusammenarbeit mit Klingbeil hin. Der 43-Jährige sei ein "Architekt der Erneuerung der SPD" und sie schätze ihn persönlich sehr. Klingbeil hatte als Wahlkampfmanager entscheidenden Anteil am SPD-Sieg bei der Bundestagswahl.

Er will die SPD als Parteichef zu einer modernen Volkspartei machen. "Wenn wir das alles richtig machen, dann liegt vor uns ein sozialdemokratisches Jahrzehnt in Deutschland, aber auch in Europa", sagte Klingbeil am Montag in einer Videobotschaft. In den vergangenen Jahren habe die SPD viel geschafft und schließlich die Bundestagswahl gewonnen. "Aber ich will, dass es weitergeht", betonte Klingbeil, der als Architekt des SPD-Erfolgs gilt. "Ein Wahlsieg reicht mir nicht."

Jünger, weiblicher, diverser

Klingbeil betonte, der Erfolg der SPD bei der Bundestagswahl sei möglich geworden, "indem wir beieinander standen in Zeiten, als wahnsinnig großer Druck da war". Die SPD sei jünger, weiblicher und diverser geworden – und dieser Weg müsse weitergehen.

Walter-Borjans hatte Ende Oktober seinen Rückzug angekündigt und erklärt, dass nun Jüngere ans Ruder sollten. Esken und er waren im Dezember 2019 nach einem langwierigen Auswahlprozess an die SPD-Spitze getreten.

Esken schließt für die Zukunft ein Ministeramt nicht grundsätzlich aus. Nach Beratungen der SPD-Führung sagte Esken, "dass ich die Entscheidung, jetzt für den Parteivorsitz zu kandidieren gemeinsam mit Lars Klingbeil und auch unsere ganze Schaffenskraft dieser Aufgabe zu widmen, für die richtige halte, dass ich aber nicht in alle Ewigkeit das ausschließen will und ich auch nicht vorhabe, die Statuten der SPD zu ändern". In den Statuten der SPD ist keine solche Trennung der Ämter vorgeschrieben, allerdings hatte Walter-Borjans deutlich gemacht, dass er weiter für eine solche Trennung ist.

Andauernde Koalitionsverhandlungen

Indes könnten die Koalitionsverhandlungen länger dauern als geplant. Man strenge sich sehr an, versicherte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Montag im ARD-"Morgenmagazin". "Aber das Ergebnis zählt und nicht das Datum." Die 22 Arbeitsgruppen sollen bis Mittwoch ihre Positionen erarbeiten. Mehrere Grünen-Politiker zeigten sich mit den Fortschritten bei den Gesprächen aber bereits unzufrieden.

Esken äußerte sich hingegen zuversichtlich, zu einer Einigung zu kommen. "Insgesamt ist es nicht überraschend, dass, wenn drei so verschiedene Parteien auch mit unterschiedlichen Herkünften und Traditionen jetzt zusammen koalieren beziehungsweise verhandeln, dass es dann auch Punkte gibt, wo man sich nicht sofort einig ist", sagte sie. Weiterhin gehe sie davon aus, dass Olaf Scholz Anfang Dezember als Kanzler vereidigt werde. "Da bin ich sehr überzeugt von."

Walter-Borjans ist zuversichtlich, dass die Koalitionsverhandlungen der Ampel-Arbeitsgruppen wie geplant bis Mittwochabend abgeschlossen werden können. Walter-Borjans mahnte, dass alle drei Parteien sich ihrer Kraft und Profile bewusst sein sollten. Es gehe aber nicht nur darum, den Auftrag der eigenen Wähler umzusetzen, sondern es gehe um das ganze Land. Alle drei sollten zudem aufhören, Drohkulissen aufzubauen. (APA, 8.11.2021)