Am 3. Dezember fiel das mündliche Urteil, auf das schriftliche muss er noch warten: Karl-Heinz Grasser mit seinen Anwälten, Norbert Wess (links) und Manfred Ainedter

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Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Walter Meischberger müssen weiter auf die schriftliche Ausfertigung des Urteils in der Causa Buwog und Linzer Terminal Tower warten. Ihre Anwälte hatten einen sogenannten Firstsetzungsantrag gestellt, mit dem man erwirken wollte, dass Buwog-Richterin Marion Hohenecker die schriftliche Ausfertigung des Urteils beschleunigt. Das Urteil im größten Korruptionsprozess der Zweiten Republik war ja am 4. Dezember 2020 verkündet worden – seither schreibt die Strafrichterin an der schriftlichen Ausfertigung.

Sie selbst hatte das mit dem enormen Umfang der Akten argumentiert, auf deren Basis sie die Urteilsbegründung aufbauen muss. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien, das am 2. November über die Anträge entschieden hat, sieht es auch so und hat nun entschieden, "dass trotz der verhältnismäßig langen Zeit, die seither verstrichen ist, keine Säumnis vorliegt". Das hat das OLG am Montagmittag bekanntgegeben.

Riesenakt

Man müsse berücksichtigen, dass der gesamte Akt aus 241 Bänden bestehe und 4.899 Aktenteilen und allein die Hauptverhandlung 168 Tage lang gedauert habe. Allein das Protokoll dazu umfasse 16.000 Seiten. Zu würdigen seien die Aussagen von 15 Angeklagten und rund 150 Zeugen. Schlussfolgerung des OLG: "Beim Anspruch, das Urteil sorgfältig auszufertigen, ist die bisher in Anspruch genommene Zeit im vorliegenden besonderen Einzel- und Ausnahmefall gerechtfertigt."

In der schriftlichen Begründung des OLG Wien heißt es, dass die "überaus gewichtigen Vorwürfe" bzw. mehrere Faktenkomplexe in Ansehung von 14 Angeklagten (davon acht verurteilten) sorgsam zu prüfen seien – es handle sich beim auszufertigenden Urteil "um eine Erledigung von extremen, weit überdurchschnittlichem Umfang". Die in der Strafprozessordnung vorgesehene "Sollfrist" für die schriftliche Ausfertigung – die sind vier Wochen ab Urteilsverkündung – bedinge daher viel mehr Zeit, so das OLG sinngemäß.

"Besonderer Ausnahmefall"

Die "wenn auch bereits deutliche" Überschreitung dieser Frist sei daher sachlich zu rechtfertigen und nicht zu beanstanden, "vielmehr dem besonderen Einzel- bzw. Ausnahmefall geschuldet.

Karl-Heinz Grasser wird sein Urteil bekämpfen, er wurde zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, und für den Ex-Minister gilt die Unschuldsvermutung. Gegen die nunmehrige Entscheidung des OLG Wien können die Angeklagten nichts mehr tun: Rechtsmittel gibt es dagegen keines. (Renate Graber, 8.11.2021)

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