Der Ort

Ich komme schon seit den 1980er-Jahren ins Kleine Café. Beim ersten Mal war ich zwölf und bemerkte, dass der Mann aus dem Fernsehen, Schauspieler und Besitzer des Kleinen Cafés, Hanno Pöschl, real existiert. Ich verehrte ihn damals schon. Später arbeiteten wir am Burgtheater zusammen. Er und seine Frau Andrea sind die unumstrittenen Experten in allem, was gastronomische Qualität anbelangt. Im Kleinen Café stehe ich am liebsten an der Bar. Da kann man leicht Platz und Gesprächspartner wechseln. Ich führe gerne Schmäh mit Fremden. Erkannt werde ich selten. Das ist mir auch recht. Promis können nicht ungestört als Privatmenschen unterwegs sein.

Robert Reinagl: "Zu Hause in der Küche verrichte ich eher niedere Dienste oder decke den Tisch."
Foto: Katharina Gossow; Location: Kleines Café

Die Erinnerung

Während meines Studiums kellnerte ich in einem Lokal. Da war mal ein Regisseur vom Schauspielhaus zu Gast. Dem sagte ich, ich wolle eigentlich auch ans Theater. "Okay, morgen um zehn hast du Probe", antwortete er. Ich machte dann alles Mögliche dort: über den Vorhang bis hin zur Statisterie. Das war mein Einstieg in die Theaterwelt. In dem Lokal gab es auch einen Stammgast, der hatte mit den Wirten ein Abkommen: Er musste nicht sprechen. Ein Nicken reichte, und er bekam einen weißen Spritzer. Wir wollten ihm ein Wort herauskitzeln. Aber keine Chance! Nach circa zwei Jahren sagte er plötzlich laut: "I kann’s gar ned sagen, wie mir die weißen Spritzer am Oasch gehn!"

Die Atmosphäre

Mein Hoodie hat das Logo vom Wiener Sportclub drauf. Ich mag die Atmosphäre dort. Sie ist nie aggressiv. Aber wegen des Essens geht man nicht hin. Klüger ist, sich vorher im Wein- und Bierhaus Brandstetter zu stärken.

Das Menü

Zu Hause in der Küche verrichte ich eher niedere Dienste oder decke den Tisch. Meine Kochkünste sind unterdurchschnittlich, meine Frau hingegen kocht fantastisch. Besonders gut macht sie Hascheeknödel. Ich esse gerne Deftiges, Ungesundes. Aber die Grundprodukte müssen gute Qualität haben. Ich wohne in der Nähe des Karmelitermarktes, gehe dort gern einkaufen. Aber das sagt sich so leicht. Man muss es sich auch leisten können. Jetzt jung sein mit Kindern? Unbezahlbar. Viele kaufen dann halt den Müll vom Discounter. Ich möchte nicht in Deutschland leben. Dort ist die Qualität der Ware oft unter aller Kritik. Ich bin aber auch skeptisch, wenn sich Österreicher selbst so viel Kultur zumessen – kulinarisch, aber auch generell. (Michael Steingruber, RONDO exklusiv, 18.11.2021)