Ob Kaffeehaus, Friseur oder Fitnesscenter: Seit Montag wird Personen, die nicht geimpft oder genesen sind, der Zugang verwehrt.

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Die Regierung erhofft sich, dass die Zahl derjeniger steigt, die sich doch noch immunisieren lassen.

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Die neuen Regeln werden großteils eingehalten – aber der Ärger der Bevölkerung ist oft groß.

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Er trägt den Mund-Nasen-Schutz am Kinn, sie hält ihre FFP2-Maske in der Hand. Im Shoppingcenter G3 in Niederösterreich an der Grenze zu Wien sitzen Erwin und Isabel vor einem Indoorspielplatz und sehen nicht ein, warum sie ihre Masken tragen sollten. Sie seien geimpft und machen seit Monaten alle Maßnahmen mit, die die Regierung vorgibt. Doch jetzt reicht es ihnen.

Dass nun wieder neue Regelungen gelten, weil sich bisher zu wenige Menschen haben impfen lassen, verursacht bei dem Wiener Pärchen nur noch Kopfschütteln. Das ständige Hin und Her – da kämen die allerwenigsten noch mit. Dabei hätte es die Politik in der Hand gehabt, für eine hohe Impfquote zu sorgen. 1.000 Euro hätte man für den Erst- und Zweitstich pro Person auszahlen sollen, sagt Erwin. Das Thema wäre längst erledigt, ist er überzeugt, drohende Überbelegungen von Intensivstationen und daraus folgende Lockdowns würden nicht mehr zur Diskussion stehen. Und weniger gekostet als sämtliche Wirtschaftshilfen hätte dieses Anreizsystem obendrein.

Doch die Realität sieht anders aus. Seit Montag gilt nun in ganz Österreich wieder die Maskenpflicht im Handel. Was bisher nur in Wien vorgeschrieben war, ist nun auch in den restlichen Bundesländern umzusetzen. Darüber hinaus darf man nur noch mit 2G, also geimpft oder genesen, ins Gasthaus, zum Friseur oder ins Fitnessstudio (siehe Infobox).

Wirtschaftliche Sorgen

Auch in Friseursalons ist der Unmut groß. Es ist nicht die Kontrolle des 2G-Status, die Kopfzerbrechen verursacht, vielmehr habe man wirtschaftliche Sorgen. Viele Kunden hätten schon angerufen und bereits ausgemachte Termine storniert, sagt die Mitarbeiterin eines Friseurladens im G3. Das Weihnachtsgeschäft werde durch die neuen Regelungen geringer ausfallen. Sie stört auch, dass sie nun unzufriedenen Kunden ausgesetzt sei. "Der Bundeskanzler kann sich die Regeln ausdenken, schön und gut. Aber ausbaden muss ich es, wenn ich Kunden wegschicken muss, die keinen Nachweis haben", beschreibt die Friseurin die Problematik.

Insgesamt zeigt der Lokalaugenschein im Shoppingcenter allerdings, dass die Maskendisziplin sehr hoch ist. Auch die Chefin eines dort angesiedelten asiatischen Lokals sieht kein Problem durch die Einführung der 2G-Regel. Die meisten Gäste seien ohnehin geimpft. Das Lokal ist mittags gut gefüllt, ein Gästeschwund ist nicht bemerkbar.

"Alles besser als ein Lockdown"

In der steirischen Landeshauptstadt Graz hat sich ebenso nicht viel an der Gästefrequenz in den Cafés, Lokalen und Restaurants mit der Einführung der 2G-Regel geändert. Im beliebten Kunsthauscafé oder im Operncafé entsprach die Gästeanzahl in etwa jener dem Durchschnitt der vergangenen Wochen. "Der Großteil unserer Gäste ist ja schon längst geimpft", sagt Franz Grossauer, Chef einer Grazer Restaurantkette. Er rechnet auch für das Weihnachtsgeschäft mit keinen gröberen negativen Auswirkungen für die Branche. "Wir sind recht guter Dinge. Wenn jetzt Gruppen für die Weihnachtsfeiern absagen, kommen sicher neue nach. Es ist ja alles besser als ein Lockdown", sagt Grossauer.

Zuversicht macht sich auch in Oberösterreich breit: Wer am frühen Montagmorgen die Filiale der Bäckerei Honender in der Linzer Stockhofstraße betrat, spürte zumindest auf den ersten Blick nichts von konkreten Auswirkungen der neuen 2G-Regel. Die Schlange jener Eltern, die noch rasch eine Schuljause für den Nachwuchs zu besorgen hatten, war gewohnt lang und das angrenzende Kaffeehaus gut gefüllt. Noch vor der ersten Koffeindosis wurden Kunden vom Personal höflich, aber bestimmt nach einem entsprechenden Nachweis gefragt.

Zu einer "Wegweisung" zwischen Kipferl und Mohnzelten sei es zumindest an diesem Morgen noch nicht gekommen, berichtet eine Verkäuferin. Hinter den Kulissen sei die Situation aber nicht leicht, berichtet Chef Reinhard Honender im Gespräch mit dem STANDARD. "Wir kontrollieren natürlich streng. Aber eins muss schon klar sein: Wir sind nicht die Polizei. Und für die Mitarbeiter ist es mitunter sehr belastend, jemanden hinauswerfen zu müssen." Umsatzeinbußen befürchtet der Traditionsbäcker nicht: "Wahrscheinlich so zehn Prozent. Wir machen ja den größten Teil des Umsatzes mit dem Brot und nicht mit dem Kaffeebereich."

Theorie ist nicht gleich Praxis

Verwirrung und Ärger rund um die 2G-Regelung sind auch in Tirol groß. Das beginnt bei den Krankenanstalten und endet bei den Dönerbuden. Gemäß Verordnung gilt der 2G-Nachweis ab nun auch für den Besuch von Gesundheitseinrichtungen wie Spitälern, Alten- und Pflegeheimen. Ausnahmen gibt es dabei für Personen, die Minderjährige und Unterstützungsbedürftige begleiten, für Besuche in Palliativ- und Hospizeinrichtungen sowie für Begleitpersonen bei Entbindungen. So weit die Verordnungstheorie.

Auf Nachfrage bei den Tirol Kliniken bestätigt die ärztliche Direktorin jedoch, dass man vorerst bei den bisher gültigen 3G-Nachweisen für Besucherinnen und Besucher bleibe. Einerseits, so die Begründung, kam die Verordnung sehr plötzlich und war inhaltlich bis Montagfrüh praktisch nicht bekannt. Um eine derart weitreichende Verordnung umzusetzen, sei schlichtweg mehr Vorlaufzeit nötig, kritisiert Kofler. Zum anderen rechnet man bei den Tirol Kliniken angesichts der steigenden Infektionszahlen ohnehin mit einem erneuten generellen Besuchsverbot in absehbarer Zeit. Doch das müsste vom Land erlassen werden. Beim Personal werde man von 3G- auf 2,5G-Nachweise wechseln.

Keine Kontrolle in Dönerbude

Wenn schon im Gesundheitsbereich Unklarheiten herrschen, sind diese in der Gastronomie wenig verwunderlich. Beim Lokalaugenschein am Montag ist rund um den Innsbrucker Bahnhof keine einheitliche Linie erkennbar. In der Dönerbude wird nicht nach einem Nachweis gefragt, auch nicht, wenn man im Lokal zur Konsumation Platz nimmt. Take-away-Kunden tragen die FFP2-Maske am Kinn, auch daran stört sich niemand.

Deutlich strenger sind seit Montag die Eingangskontrollen in einem großen Innsbrucker Fitnessstudio. Der Impfnachweis wird genau angesehen, der freundliche Herr am Eingang scrollt hinunter bis zum Datum der letzten Impfung, bevor er Zugang gewährt. Ein Gast, der keinen gültigen Impfnachweis vorweisen kann, wird mit Bedauern abgewiesen.

3G versus 2G

Im burgenländischen Mattersburg war am Montag Markttag. Viel Betrieb herrschte auch in der Gastronomie. Und dort gab es alles: höflich-bestimmtes Nachfragen, aber gar nix auch. Ein durchgehendes Gesprächsthema war freilich der Umstand, dass die Gäste zwar 2G nachzuweisen haben oder hätten, das Personal aber nicht. Da genügt 3G.

Eine junge ungarische Kellnerin ist dennoch sauer: "Ich bin zweimal geimpft." Allerdings mit Sputnik. "Ich hab ausreichend Antikörper. 24 Euro hat der Test gekostet. Jetzt brauch ich aber den PCR-Test." (Steffen Arora, Walter Müller, Markus Rohrhofer, Wolfgang Weisgram, Rosa Winkler-Hermaden, 9.11.2021)