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Das Kernaktionärssyndikat der Erste Group sitzt hat seine Sperrminorität verloren und sitzt nicht mehr sehr bequem.

Foto: Reuters/Föger

In der Erste Group ist Ende voriger Woche eine wichtige Epoche zu Ende gegangen, die spanische quasi. Die Caixa Bank, die aus der gleichnamigen Sparkasse hervorgegangen war, hat ihre Beteiligung an der börsennotierten Erste Group verkauft, rund 9,9 Prozent waren das. Das hat die Caixa am Donnerstag Abend bekannt gegeben.

Rund 1,5 Milliarden Euro haben die Spanier aus dem Ausstieg erlöst, wer der oder die Käufer waren, das weiß man (noch) nicht. Sollten ein neuer Aktionär vier Prozent (oder mehr) erworben haben, muss er das diese Woche bei der Aufsicht und bei der Bank melden – die Frist dafür beträgt maximal zwei Börsentage.

Sperrminorität der Kernaktionäre ist dahin

Das Heikle an dem Deal: Die Caixa war Syndikatspartner von Erste-Aktionärin Erste Privatstiftung (hält rund 5,9 Prozent), diversen österreichischen Sparkassen bzw. deren Stiftungen (rund zwölf Prozent), Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung und Wiener Städtischer. Gemeinsam hielten die syndizierten Kernaktionäre rund 30 Prozent an der Großbank – mit dem Abschied der Spanier sind es nur noch 21,3 Prozent.

Soll heißen: Das Syndikat hat die Sperrminorität (25,1 Prozent) verloren, mit der Minderheitsaktionäre wichtige Entscheidungen blockieren und so mitbestimmen können. Nächstgrößter Aktionär ist der US-Hedgefonds Black Rock, der zuletzt 4,16 Prozent hielt.

Abschied mit Anlauf

Überraschend kam das "Adios" der 2009 eingestiegenen Spanier nicht. Sie haben vor rund einem Jahr einen Strategiewechsel angekündigt, wonach sie sich von Minderheitsbeteiligungen trennen wollen. Hintergrund dafür: Im September 2020 gab Caixa ihre Fusion mit Bankia bekannt, seit deren Vollzug im Frühling ist die Caixa Bank Spaniens größtes Kreditinstitut. Ihr Interesse an Osteuropa, wohin sie die Erste quasi begleiten hätte sollen, ist längst erkaltet.

Heuer im Oktober wurde dann die Erste Stiftung in ihrer Rolle als Syndikatsführerin vom konkreten Verkaufsvorhaben informiert. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Stiftung, Ex-Erste-Group-Chef Andreas Treichl, war darauf vorbereitet, wie er zum STANDARD sagt: Er sei "schon vor mehreren Jahren" von der Caixa informiert worden, dass sich die von ihren Erste-Anteilen trennen werde. Tatsächlich war die Erste-Minderheitsbeteiligung dann eine der letzten, die die Spanier verkauft haben.

Vorkaufsrecht nicht genützt

Die österreichischen Syndikatspartner hätten die Anteile zwar ihrem Vorkaufsrecht entsprechend aufgreifen können, die 1,5 Milliarden Euro für 9,9 Prozent zu stemmen, das wäre denn aber doch ein paar Schuhnummern zu groß.

Die Stiftung, die ihre Erste-Beteiligung einst mit hohen Krediten finanziert hatte, ist im Umgang mit Schulden zudem ein gebranntes Kind: Als der Aktienkurs im Jahr 2009 von 60 auf sieben Euro abgestürzt war, wäre die Privatstiftung beinah umgefallen. 2011 hatte sie noch rund 1,2 Milliarden Euro Verbindlichkeiten, inzwischen ist dieser Schuldenberg im Wesentlichen abgebaut.

Aber stellen die 21,3 Prozent der Syndikatspartner noch eine stabile Beteiligung eines Kernaktionärs dar? In Bank und Stiftung bejaht man das, Erste-Group Chef Bernd Spalt sprach vorige Woche davon, dass das Syndikat der "bestimmende Kernaktionär" bleibe.

Kernaktionär sitzt nicht bequem

Sehr bequem sitzen die Syndikatspartner mit ihren – derzeit – 21,3 Prozent aber nicht im Sattel. Wann immer sie unter 20 Prozent fallen sollten, wird ein weiterer Zukauf de facto unmöglich: Dann nämlich müssten sie den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot legen. Das hat die Hauptversammlung der Ersten im Jahr 2000 so beschlossen, üblicherweise liegt diese Schwelle, die ein automatisches Übernahmeangebot auslöst, bei 30 Prozent.

Die Bank selbst, die mehr als 14 Prozent Kernkapital hat, könnte auch ein Aktienrückkaufprogramm starten – realistischer ist aber, dass sie ihr Geld in Zukäufe stecken wird. Rund eine Milliarde Euro hat sie dafür reserviert, bekannt ist, dass sie ihr Auge zum Beispiel auf die Ungarn-Sparte der deutschen Commerzbank geworfen hat. (Renate Graber, 9.11.2021)