Das Angebot wird von jenen in Anspruch genommen, die in der Nähe der Schulen wohnen und sich die Preise der Telekomanbieter nicht leisten können.

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Thabo ist 13 Jahre alt, und Mittagessen bekommt er selten. Er gehört zu der rund einen Million Kinder in Südafrika, die in Armut leben. Er hat nun aber eine Einnahmequelle gefunden, die ihm hilft, sich mittags eine Mahlzeit leisten zu können, berichtet "Rest of World". Der Teenager aus dem Township Duduza, rund 60 Kilometer von Johannesburg entfernt, verkauft das WLAN-Passwort seiner Schule.

Für das Angebot gibt es auch genügend Nachfrage. Thabo bekommt den Internetzugang aus staatlichen Mitteln kostenlos gestellt. Am Zugang interessiert sind vor allem Leute, die in der Nähe der Schule wohnen und kein Internet in der Wohnung oder auf ihrem Smartphone haben. Teilweise gehen die Nutzer aber auch mehrere Kilometer, um den Schulzugang in Anspruch nehmen zu können. Zehn bis 20 Rand nimmt Thabo mit jedem Verkauf ein, umgerechnet zwischen 60 Cent und 1,20 Euro. An einem guten Tag erwirtschaftet er sich damit 50 Rand (etwa 2,90 Euro).

Er ist nicht der einzige Schüler, der sich so ein kleines Einkommen schafft. Das Beispiel hat sprichwörtlich Schule gemacht. Auch andernorts machen Kinder den eigentlich für sie und ihre Lehrer gedachten Zugang ins Netz zu Geld.

Hohe Preise

Die Telekominfrastruktur in Südafrika ist eigentlich im kontinentalen Vergleich gut ausgebaut. Doch in dem einst dem Apartheidregime unterworfenen Land herrscht immer noch große Ungleichheit. 2014 wurde dem Staat ein Gini-Index von 63 ausgewiesen, doppelt so hoch wie etwa jener von Österreich oder Deutschland. Der Wert stellt den Anteil der Einkommensgruppen am Gesamteinkommen dar. Je höher er ist, desto ungleicher ist die Verteilung.

Gerade in der Corona-Krise und mit der zunehmenden Verschiebung staatlicher Dienste in den digitalen Raum wiegt es besonders schwer, dass viele arme Haushalte nicht über die Mittel verfügen, sich einen regelmäßigen Internetzugang leisten zu können. Dazu kommt, dass die Preise für Telekomdienstleistungen selbst im Vergleich mit vielen anderen afrikanischen Ländern sehr hoch sind, wogegen seit 2016 mit einer Kampagne namens "Data Must Fall" mobilisiert wird.

Durchaus mit Erfolg. Die Telekombehörde verpflichtete die drei großen Netzanbieter – Vodacom, MTN und Cell C –, ihre Preise für Internettarife um teilweise bis zu 50 Prozent zu senken. 2020 gab es schließlich bei allen dreien reduzierte Datenpakete und Zusagen, grundlegende Dienste ohne Anrechnung von Datenverbrauch zugänglich zu machen. Von der Preishalbierung ist man aber noch deutlich entfernt, wofür die Unternehmen Verzögerungen bei der Zuteilung neuer Frequenzen verantwortlich machen. Das billigste 4G-Paket kostet 450 Rand oder etwa 26 Euro pro Monat. Das entspricht 80 Prozent des Einkommens eines Haushalts, der am obersten Ende der Armutsgrenze liegt.

Alternativlos

Einer der Kunden für den schulischen Internetzugang aus zweiter Hand ist Burgani Bundi. Der 20-jährige Arbeitslose geht zwei Kilometer zur Schule und nutzt die Verbindung, um mit seiner Freundin in Durban in Kontakt zu bleiben, aber auch um Jobs zu suchen und Bewerbungen zu verschicken. Wenngleich es ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem Sicherheitspersonal der Schule sei, helfe die Ablenkung durch das Internet auch dabei, sich von Drogen und Kriminalität fernzuhalten.

Für die betroffenen Schulen wird der Passwortverkauf zunehmend zum Problem. Die zahlreichen Nutzer würden die Verbindung überstrapazieren, die dann nur noch "schmerzhaft langsam" funktioniere. Trotz Sicherheitsleuten und Polizei sei dem Handel auch nicht beizukommen. Man arbeite aber an einer Lösung.

Warten auf die Breitbandinitiative

Zeitlich im Hintertreffen sind zudem die Pläne der Regierung, die bis 2020 eigentlich 90 Prozent der Bevölkerung mit Breitbandinternet versorgt haben wollte und bis 2030 vollständige Abdeckung erzielen will. Gerade ärmere Townships hinken hier nach, wenngleich zumindest mancherorts die Verlegung von Glasfaserkabeln mittlerweile begonnen hat. Dort, wo öffentliche Einrichtungen kostenloses WLAN bereitstellen, ist die Verbindung aufgrund des Ansturms in der Regel ebenfalls notorisch unbrauchbar, um mehr als bloß Textnachrichten zu verschicken.

Zu den politischen Versprechen gehört auch ein kostenloses Datenkontingent für alle ärmeren Haushalte als Teil einer Art Grundversorgung mit essenziellen Diensten. Die zuletzt im August wieder aufgegriffene Idee wird aber wohl frühestens 2023 umgesetzt werden können. Bis dahin werden Betroffene wohl weiter auf unkonventionelle Lösungen wie den Schulhofverkauf von WLAN-Passwörtern angewiesen sein. (gpi, 9.11.2021)