Ein Blick auf die Waffensammlung.

APA/LPD NÖ/LVT

Das dritte Mal innerhalb eines Jahres hoben die Behörden in Österreich im Oktober ein riesiges Waffenlager im rechtsextremen Milieu aus, wie am Dienstag bekannt wurde.

Maschinengewehre, Maschinenpistolen, ein Sturmgewehr, ein Scharfschützengewehr, eine Pumpgun, Revolver und Pistolen, Langwaffen, Gewehre, Flinten und Büchsen, verbotene Waffen wie Schalldämpfer, 21 sogenannte "schießende Kugelschreiber", Schlagringe sowie eine große Anzahl verschiedener Hieb- und Stichwaffen, Pfeffersprays, Elektroschockgeräte und asiatische Nahkampfwaffen: Das ist nur ein Teil jenes Arsenals, das ein 53-jähriger Mann im Bezirk Baden gehortet hatte. Weiters sieben voll funktionstüchtige Rohrbomben, "eine davor sofort einsatzbereit", wie man seitens der Landespolizeidirektion Niederösterreich im Gespräch mit dem STANDARD betont.

Geladene Waffen

Darüber hinaus eine Handgranate und über eine Tonne (1.200 Kilogramm) Munition. Auch die Schusswaffen waren geladen.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hatte wohl schon am Montagabend diesen Fund im Sinn, als er bei seiner Eröffnung des Herbstsymposiums zu aktuellen Entwicklungen des internationalen Terrorismus betonte, es sei Material bei Rechtsextremen gefunden worden, "das dafür ausreicht, um die Republik in eine massive Krise zu stürzen".

Gegen den Niederösterreicher und seine Frau wurde ein Waffenverbot ausgesprochen. Er soll auch Dateien mit NS-Bezug im Internet versandt haben, ebenso NS-Devotionalien, Hitlers Mein Kampf und neonazistische Zeitungen wurden gefunden. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Niederösterreich ermittelt. Woher die Waffen stammen, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.


Neben zahlreichen Waffen stellte die Polizei auch 1.200 Kilogramm Munition sicher.
APA/LPD NÖ/LVT

Der Fund steht nicht für sich allein. Schon im Dezember stießen die Behörden im Rahmen von Ermittlungen gegen den mit Drogen und Waffen dealenden Neonazi B. in Niederösterreich auf ein riesiges Waffendepot. B. ist seither in Haft. Weitere Ermittlungen gegen 14, seit wenigen Tagen nun 15 Deutsche und Österreicher (DER STANDARD berichtete) führten schon im Juli zum nächsten Waffenfund und nun zu dem aktuellen Waffenlager. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen machen weitere Teile der Rede, mit denen Nehammer am Montag aufhorchen ließ, Sinn.

Er betonte, dass große Gefahr von rechtsextremen Kreisen und der "Querdenker"-Szene ausgehe, seit sich auf den Corona-Demos "alte Neonazis mit neuen verbinden und eine Bühne suchen".

Er werde oft gefragt, was mit den Linksextremisten sei, sagte Nehammer und führte aus: Wenn man "einen Polizisten auf der Straße" frage, werde dieser antworten, die Linksextremen seien eine Gefahr, "weil sie auf Demos Polizisten angreifen". Genau dies "nützen die Rechtsextremen und gerieren sich ganz anders". Diese gingen auf Demos zu Polizisten hin und sagen: Danke für deinen Dienst, du machst das großartig, aber du dienst dem Faschisten Nehammer, leiste Widerstand, schließe dich uns an!"

Keine linken Waffendepots

Er wolle nicht, dass man ihm Einseitigkeit unterstelle, aber "die, die Waffen sammeln, finden wir nicht bei den Linksextremen".

Brisant sind solche Aussagen auch, weil beim erwähnten Waffenfund im Dezember auch ein damals suspendierter Polizist als Händler für B. tätig gewesen sein soll. Rechtsextreme Netzwerke, die in Deutschland und Österreich Heer und Polizei unterwandern, sorgen seit Jahren für Aufregung.

Auch einschlägige Literatur wurde gefunden.
Foto: LPD NÖ/LVT

Nehammer betonte die Bedeutung der "wissenschaftlichen Begleitung für den Staatsschutz". Auch die am Symposium teilnehmenden Experten bestätigten die Gewaltbereitschaft aus Teilen der "Querdenker"-Szene. "Da wächst eine dritte Bedrohung", sagte Stefan Goertz, Extremismus- und Terrorismusforscher aus Lübeck. Weitere geladene Experten wie Peter Neumann vom Londoner King's College, Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin und Nicolas Stockhammer von der Donau-Uni Krems waren sich auch einig, dass das Attentat in Wien im November 2020 "nicht überraschend kam", angesichts der für ein kleines Land relativ großen Islamistenszene.

Rechtsextremer und islamistischer Terror verändern sich, werden transnationaler. Die Attentäter, die sich im virtuellen Raum vernetzen, "rekurrieren auf einfache Plots", sagte Stockhammer.

Vollautomatische Waffen, diverse Langwaffen und Pistolen, Rohrbomben und tonnenweise Munition. Das rechtsextreme Bedrohungsszenario ist bitterer Ernst.

SPÖ will Rechtsextremismusbericht

Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur, sah in dem Fund im Bezirk Baden "nur die Spitze des Eisbergs". Neben der Wiedereinführung des Rechtsextremismusberichts brauche es "die rasche Umsetzung des Nationalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus und entsprechende Ressourcen für Bildungs-, Aussteiger- und Sensibilisierungsprogramme", hielt sie in einer Aussendung fest. (Colette M. Schmidt, 10.11.2021)