Das titelgebende Kunstwerk ist eine Netsuke, eine kleine japanische Figur aus Elfenbein von insgesamt 264, die in einer Vitrine im Palais der jüdischen Familie Ephrussi an der Wiener Ringstraße standen.

Foto: Jüdisches Museum Wien

Wien – 2010 schrieb der britische Keramikkünstler Edmund de Waal seine Familiengeschichte in Der Hase mit den Bernsteinaugen nieder und landete damit einen Welterfolg. Das titelgebende Kunstwerk ist eine Netsuke, eine kleine japanische Figur aus Elfenbein von insgesamt 264, die in einer Vitrine im Palais der jüdischen Familie Ephrussi an der Wiener Ringstraße standen. Die Besitzer waren de Waals Urgroßeltern, anhand dieses Stücks erzählte er deren Geschichte.

Und damit die Brüche des vergangenen Jahrhunderts, denn dem Antisemitismus um 1900 trotzend, sind die Ephrussis glühende Österreicher. Nach der Machtübernahme durch die Nazis werden sie aber enteignet, die Familie flieht, die Figuren werden vom Dienstmädchen vor der Gestapo versteckt. Jahre später fallen sie Edmund de Waal in die Hände. Vier Jahre recherchierte er für das Buch die Geschichte.

Bild nicht mehr verfügbar.

Edmund de Waal mit der englischen Version seines Buchs "Der Hase mit den Bernsteinaugen".
Foto: Alastair Grant / AP

Verbundenheit

Nun kehrt auch das Buch gewissermaßen nach Wien zurück. Im Rahmen der 2002 gestarteten Leseförderungsaktion "Eine Stadt. Ein Buch" werden ab Freitag 100.000 Stück kostenlos an 223 Standorten (Volkshochschulen, Büchereien) verteilt. Etwas früher geht es auf der Buch Wien schon am Donnerstag (12.30 Uhr) los, der Autor wird in der Messehalle dabei sein.

De Waals Verhältnis zu Wien hat sich mittlerweile entspannt. Als de Waal vor 25 erstmals hierher kam, waren seine Gefühle gespalten, inzwischen möchte er aber "wirklich mit diesem Land verbunden sein", und wenn er in Wien ist, bewegt er sich "von einer Schale Kaffee zur nächsten. Mein Vater, mein Großvater, mein Urgroßvater hatten alle ihre Lieblingskaffeehäuser." Ein Aspekt der Verbundenheit: 2018 überließ er dem Jüdischen Museum neben Fotos und Briefen aus dem Familienarchiv 170 Netsukes als Leihgabe, darunter der Hase. Soeben ist übrigens Camondo erschienen, erneut beschäftigt sich de Waal darin mit seiner Familiengeschichte. (Michael Wurmitzer, 10.11.2021)