Vieles dringt ja nicht nach außen von den Plenarsitzungen in Peking: 371 Mitglieder des KP-Zentralkomitees treffen sich seit Montag, um über die Zukunft der Volksrepublik zu beraten. Durchgesickert aber ist aber schon eine Sache: Am Ende der viertägigen Sitzung soll die Verabschiedung einer historischen Resolution stehen – das wäre die dritte in der Geschichte der Kommunistischen Partei. Damit wird auch die Geschichte Chinas seit 1949 in drei Teile geteilt: die Phase unter Mao von der Gründung der Volksrepublik 1949 bis 1976; die Reformperiode unter Deng Xiaoping bis 2012; und die "Zeit der nationalen Verjüngung" unter dem amtierenden Präsidenten Xi Jinping.

Jahrzehntelang stand Mao (links) im Zentrum des chinesischen Personenkults, doch jener um den aktuellen Partei- und Staatschef Xi Jinping (rechts) ist mittlerweile fast genauso stark ausgeprägt.
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Xi will, dass seine Amtszeit als historische Periode in die Geschichte Chinas eingeht. Dass er darauf hinarbeitet, ist nichts Neues. 2018 schaffte er zunächst seine eigene Amtszeitbegrenzung ab. Zuvor waren chinesische Präsidenten für maximal zwei Amtsperioden zu je fünf Jahren im Amt. Nur Mao Tse-tung stand bis zu seinem Tod an der Spitze des Staates.

Verjüngung und ...

Xi hat außerdem zu Beginn seiner Herrschaft 2012 diese mit einer Antikorruptionskampagne gefestigt – die kam im Volk gut an, und nebenbei konnte er sich seiner politischen Widersacher erledigen.

Was die nationale Verjüngung konkret bedeuten soll, darüber rätseln Beobachter. Als gesichert gilt, dass die Annexion Taiwans ein Ziel ist. Zudem soll China auch militärisch als Weltmacht auftreten, weswegen immer wieder von einer Modernisierung der Streitkräfte die Rede ist. Laut einer neuen Pentagon-Studie wird China bis 2027 700 einsetzbare Atomsprengköpfe haben, bis 2030 sollen es 1.000 sein. Immer wieder spricht Xi von Veränderungen, "die die Welt in hundert Jahren nicht gesehen hat".

Tatsächlich hat sich China unter Xi so verändert wie seit Deng Xiaoping nicht mehr. Die Öffnungs- und Reformperiode, mit der ausländisches Kapital, Know-how und auch Ideen ins Land kamen, ist zu Ende. Die wenigen politische Freiheiten, die es zwischen 1990 und 2010 gab, wurden unter seiner Führung sukzessive zurückgenommen. Die Internetzensur erreichte ungekannte Ausmaße.

In den vergangenen zwei Jahren hat Xi außerdem seine Macht über Konzerne wie Alibaba ausgebaut. Besonders hart zu spüren bekam das Alibaba-Gründer Jack Ma. Nachdem er den chinesischen Bankensektor kritisiert hatte, verschwand Ma wochenlang. Seitdem er wieder aufgetaucht ist, beschäftigt er nur noch mit Malerei.

... Repression

In Xinjiang wurden rund 1,5 Millionen Uiguren in Konzentrationslager zur ideologischen Umerziehung gesteckt. Die nordwestliche Provinz wurde außerdem zu einem Labor für Überwachungstechniken. Die Covid-Pandemie nahm Xi zum Anlass, die Macht des Staates auch im Alltag der Bürger auszuweiten. Zudem ist das Land bis auf wenige Ausnahmen für Ausländer gesperrt.

Während unter Deng "tao guang yang hui" (die eigene Stärke verdecken) galt, tritt China unter Xi außenpolitisch lauter und aggressiver auf. Deutlich wird das vor allem im Südchinesischen Meer und bei der Taiwan-Frage: Dort häufen sich die Verletzungen des Luftraums.

Begleitet wird all dies von einem bizarren Personenkult, der dem des nordkoreanischen Regimes immer ähnlicher wird. So twitterte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag ein Bild des Staatschefs, wie er ein Flugzeug verlässt. Dazu schrieb sie: "Obwohl Xi Jinping sehr beschäftigt ist, findet er Zeit zu schwimmen. Dies und die harte körperliche Arbeit in seiner Jugend stellen sicher, dass er genug Ausdauer und Kraft besitzt, um sich Regierung, Militär und der Partei zu widmen."

Das Plenum läuft noch bis Donnerstag. Es gilt auch als Vorbereitung für den 20. Parteitag im November kommenden Jahres: Dann will sich Xi seine dritte Amtszeit von der Partei bestätigen lassen. (Philipp Mattheis aus Schanghai, 10.11.2021)