Die Zukunft des Metaversums steht am Scheideweg: Sind wir einsam in der virtuellen Welt, oder reichern wir das reale Leben mit digitalen Inhalten an?

Foto: Niantic

Ende Oktober hat Facebooks – pardon: Metas – CEO Mark Zuckerberg "seine" Vision von der Zukunft des Internets vorgestellt: ein "Metaversum", in dem sich die Menschen im Arbeits- ebenso wie im Privatleben in einer virtuellen Welt treffen. Ermöglicht werden soll dies unter anderem durch Metas hauseigene VR-Brillen der Marke Oculus. Die Präsentation sorgte für utopische Sci-Fi-Träumereien ebenso wie für reichlich Kritik – und unter anderem fiel nicht wenigen Beobachtern auf, dass die präsentierten Konzepte gar nicht so neu waren, wie Zuckerberg es in seinem PR-Stunt verkaufen wollte.

So dauerte es nur wenige Tage, bis auch Microsoft auf den Zug aufsprang – und verkündete, dass man ein Metaversum für den virtuellen Büroalltag bereits im kommenden Jahr bereitstellen könne. Und im Interview mit dem STANDARD betonte VR-Expertin Johanna Pirker vergangenes Wochenende, dass es entsprechende VR-Ideen und -Konzepte bereits seit Jahren gebe. Nun meldet sich auch noch ein Player zu Wort, zu dem das Thema so gut passt wie die Faust aufs Aug': Niantic, das Unternehmen hinter dem erfolgreichen Augmented-Reality-Spiel "Pokémon Go".

Lightship: Niantic öffnet die Schatzkammer

Denn Niantic stellt ab sofort unter dem Namen "Lightning" auf einer Plattform allen Developern jene Technologien zur Verfügung, mit denen Spiele wie "Pokémon Go", "Harry Potter: Wizards Unite", "Ingress" und das neue "Pikmin Bloom" erstellt wurden.

Dieses Lightship Augmented Reality Developer Kit (ARDK) soll es den Entwicklern ermöglichen, über virtuelle Abbilder der realen Welt ähnliche Augmented-Reality-Anwendungen wie die genannten Niantic-Spiele zu entwickeln.

"Pokémon Go"-Technologien für Developer

Unter anderem betont Niantic, dass auf der Lightship-Plattform entwickelte Apps gleichermaßen auf iOS und auf Android laufen. Den Entwicklern steht erstens ein Tool zum Erstellen digitaler Zwillinge dreidimensionaler Objekte, zweitens ein Tool zum Erkennen von Oberflächen und drittens eines für Multiplayer-Anwendungen zur Verfügung. Weitere Funktionen sollen schrittweise ausgerollt werden. Das ARDK ist für AR-Entwickler auf der Website Lightship.dev verfügbar.

Lightship AR

Ergänzend dazu setzt Niantic einen Fonds namens "Niantic Ventures" auf, über den man 20 Millionen US-Dollar in Unternehmen investieren will, die sich mit dem Thema Augmented Reality beschäftigen. Außerdem will Niantic auch inhaltlich mit den jeweiligen Start-ups kooperieren.

Antithese zur Meta-Dystopie

Mit diesen Maßnahmen soll ein Metaversum entstehen, das die physische mit der virtuellen Welt verschmelzen lässt – und durch diese Augmented Reality soll eine Antithese zu Zuckerbergs Vision entstehen, bei der sich die Menschen still im eigenen Kämmerlein in die virtuelle Realität zurückziehen.

Denn erst im August hatte Niantics CEO John Hanke das Konzept eines Metaverse in einem Blogpost als "Dystopie" bezeichnet und neben dem in diesem Konzept vielfach zitierten Roman "Snow Crash" von William Gibson auch Ernest Clines Roman – beziehungsweise dessen Verfilmung – "Ready Player One" erwähnt: Hier geht es um eine Zukunft, in der die Menschen ihren Alltag nur noch hinter VR-Brillen verbringen, während sie in der realen Welt in Slums leben.

Gegenüber dem Fachmedium "The Verge" sagt Hanke nun, dass sich die Entwicklung am Scheideweg befinde: Entweder man entschließe sich für Apps, die nicht mit der Welt und den darin lebenden Menschen verbunden sind – oder eben für Produkte auf Basis der Lightship-Plattform, die laut Hanke "Menschen ermutigen, mit anderen lebenden Personen gemeinsam Dinge zu unternehmen". (stm, 10.11.2021)