Im Herbst 2019 entzogen die europäischen Bankenaufseher von der EZB der einstigen Meinl Bank die Konzession – in der Folge ging sie pleite. Ihre Verbindungen zum brasilianischen Odebrecht-Skandal werden von der Justiz aufgearbeitet.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Der Bestechungsskandal rund um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht hat sich in Österreich niedergeschlagen, wo die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Ex-Manager der ehemaligen Meinl Bank ermittelt. Sie ist insolvent.

Die WKStA geht dem Verdacht auf Bestechung und Geldwäscherei nach – neuerdings steht auch der Vorwurf der Veruntreuung im Raum. Die später in Anglo Austrian AAB umbenannte Bank soll den Brasilianern, die ihre Aufträge mit Bestechungszahlungen an Politiker und Beamte ergattert haben, über ihre ehemalige Tochter Meinl Bank Antigua zur Hand gegangen sein.

Für Ex-Bankchef Peter Weinzierl hatte die Sache bereits weitreichende Folgen: Die USA wollen seine Auslieferung, er muss das Verfahren in London abwarten. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Herz krimineller Aktivitäten

Zuletzt hat die WKStA Kontoöffnungen erwirkt, sie geht etwaigen Verbindungen der Bank mit Brasilianern nach, die bei Odebrecht für die Division of Stuctured Operations Scheinfirmen eingesetzt haben. Diese Division war sozusagen das Herz der kriminellen Aktivitäten. Zudem prüft die WKStA Transaktionen zwischen der Meinl Bank und ihrer Ex-Tochter Meinl Bank Antigua, wie sich aus der Anordnung zur Kontoöffnung erschließt. Da geht es etwa um offene Kredite, die die Wiener an die Tochter in Antigua abgetreten haben. Zu diesen Krediten zählen vor allem solche an Firmen aus dem Meinl-Bank-Umfeld und um einen, mit dem ein Ex-Banker eine große Liegenschaft finanziert haben soll.

Zwei Wiener Ex-Bankmanager sollen zudem zwischen 2010 und 2016 Geld aus Antigua auf ihre Meinl-Bank-Konten überwiesen bekommen haben: als "Belohnungen", die als "salaries" oder "bonus distribution" verschleiert worden seien, so die WKStA. Auch Brasilianer hätten auf diese Weise in Wien Geld bezogen. Neu ist, dass auch wegen des Verdachts auf Veruntreuung ermittelt wird, gegen unbekannte Täter aus dem Meinl-Bank-Umfeld. Sie sollen zwischen Ende 2017 und Ende 2018 Geld, das die Wiener Bank im Institut in Antigua liegen hatte, von dort "abdisponiert" haben – freilich ohne Auftrag und ohne Wissen des damals bereits eingesetzten Verwalters des Antigua-Instituts. Laut WKStA liege der Verdacht nahe, die Täter hätten nach der Pleite der Meinl Bank Antigua auch noch "so viel Geld wie möglich" von deren Konten in Wien abgezogen.

Strohmänner in Antigua

Ins Rollen waren die Ermittlungen der WKStA ja durch die Anzeige der FMA im März 2017 gekommen. Laut der war die Meinl Bank Antigua 2010 bis 2018 eine "Drehscheibe" für Schmiergeldzahlungen von bis zu 1,6 Milliarden Dollar. Sukzessive habe die Meinl Bank die Antigua-Bank über ein Offshore-Firmengeflecht verkauft, hinter dem Brasilianer gestanden seien. Diese seien von Odebrecht als "Strohmänner" in die Geschäftsführung der Antigua-Bank eingesetzt worden.

Woher man das weiß? Einige von ihnen wurden Kronzeugen und haben das den brasilianischen Behörden bestätigt. Die Meinl Bank hielt bis 2011 hundert Prozent an der Antigua-Tochter, im November 2015 stieg sie aus. Aber: Die Bank in Antigua konnte mangels Swift-Zugang nicht am internationalen Zahlungsverkehr teilnehmen, das hat "während des Tatzeitraums" die Wiener Meinl Bank für sie übernommen.

Als der Odebrecht-Skandal im September 2016 aufgeflogen war, erstattete die Meinl Bank zwar selbst Geldwäscheverdachtsmeldung: Sie habe in dem Kontext drei verdächtige Geschäftsfälle identifiziert. Was die Ermittler dabei aber wundert: Auf einem der Konten gab es weitere 14 Transaktionen, die mit den angezeigten fast ident gewesen seien, da blieb die Verdachtsmeldung aber aus. Auch habe die Bank in der Meldung nicht darauf hingewiesen, dass auf die Konten der brasilianischen "Strohmänner" regelmäßig Zahlungen ("salaries") kamen. Das sei erst 2017 gemeldet worden. Was sagte die Bank? Sie habe nicht gewusst, dass die Meinl Bank Antigua nicht den drei ihr bekannten Brasilianern gehörte, sondern Odebrecht.

Widerspruch

Das freilich steht im Widerspruch zu jenen Brasilianern, die zu Kronzeugen wurden. Einer von ihnen sagte aus, dass "alle (involvierten; Anm.) Banken wussten, dass die Gelder, die sich auf den im Namen der Offshore-Firmen eröffneten Konten befanden, tatsächlich Odebrecht-Gelder waren". Ein anderer gab an, dass einem Meinl-Banker die Finanzstruktur von Odebrecht "vorgestellt" und nach Verhandlungen vereinbart worden sei, die Meinl Bank Antigua zu "aktivieren".

Weinzierls Anwalt gab keine Stellungnahme ab. Der Masseverwalter der Meinl Bank, Georg Freimüller, sagt nur, dass "die Befriedigungsaussicht der Gläubiger nicht von den Untersuchungen betroffen" sei. (Renate Graber, 10.11.2021)