Wolfgang Fellner.

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Wien – "Österreich"/"Oe24"-Herausgeber Wolfgang Fellner hat sich am Donnerstag am Straflandesgericht Wien für schuldig erklärt. Im Verfahren geht es um Aussagen Fellners bei einer Autofahrt und einem Abendessen 2015 mit seiner damaligen Mitarbeiterin Katia Wagner, etwa ob er ihr Kleid aufzippen solle und dass er sie liebe und geil finde.

Wagner klagte Fellner wegen übler Nachrede, denn Fellner bezeichnete die von Wagner protokollierten Aussagen gegenüber dem STANDARD als falsch und "frei erfunden". DER STANDARD berichtete als erstes Medium aus den Protokollen der beiden Treffen.

Fellner bestritt die Aussagen auch vor Gericht wortreich als "frei erfunden" – bis Wagners Anwalt Michael Rami eine Tonaufnahme der Treffen vorlegte. Die Aufnahme wurde vor Gericht schließlich nicht vorgespielt – auch Fellner und seine Anwälte stellten das Beweismittel nach einer Beratung außer Streit, Fellner bekannte sich schuldig.

Fellner betonte, dass er diese falsche Aussage nicht aus böser Absicht gemacht habe.

Richter Stefan Romstorfer verurteilte Fellner wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von 120.000 Euro, drei Viertel davon bedingt. Wolfgang Fellner hat noch drei Tage Zeit für eine Berufung.

"Frei erfunden" – bis eine Tonaufnahme auftaucht

Einen langen Moment wurde es ganz still im Saal 105 des Straflandesgerichts Wien. Serienautoren würden vielleicht von einem Plot-Twist sprechen – wenn die zuvor kunstvoll aufgebaute Handlung sich als trügerisch herausstellt und ganz plötzlich kippt.

Hier kippte die sehr ausführliche Argumentation von Wolfgang Fellner, was alles er noch nie in seinem Leben gesagt habe – und auch nie sagen würde. In diesem Fall über seine Ex-Mitarbeiterin Katia Wagner, mit der ihn nach eigenen Angaben eine "freundschaftliche", aber "platonische" Beziehung verbunden hat, in zwei Phasen, und jedenfalls zunächst, aber auch später nach seinen Angaben auf ihre Initiative.

"Völlig undenkbar"

"Völlig undenkbar" sei, dass er einer Frau vorschlage, im Wiener Promilokal Fabios das Kleid aufzuzippen und reinzuschauen, ob es sich um ein Chanel-Kleid handle, sagt Fellner am Donnerstag am Straflandesgericht. Als Gründer von "Woman" und "Madonna" erkenne er doch, was ein Chanel-Kleid ist und was nicht. "Sie können mich um 3 Uhr in der Nacht aufwecken, und ich sage Ihnen, ob das ein Chanel-Kleid ist oder nicht."

"Bei keinem einzigen Abendessen habe ich gesagt, dass ich sie liebe", erklärt Fellner vor Gericht auf Fragen von Wagners Anwalt Rami nach Passagen aus dem Gedächtnisprotokoll von einem Abendessen und einer Autofahrt mit Wagner, die Fellner als "frei erfunden" bezeichnet hat. Und ebenso sicher habe er nicht gesagt, dass er sich auf seine Liebe eine Reaktion erwarte. "Ich liebe dich über alles", sagte Fellner laut Wagners Protokoll beim "Liebesdinner" – auch davon sprach Fellner "sicher nicht".

"Sicher nie"

"Sicher nie", und das "unter Garantie", habe Fellner den Begriff "Schwitzkasten" verwendet, sagt er vor Gericht, er "gehört nicht zu meinem Sprachgebrauch". Laut Wagners Protokoll sagte er ihr bei einer Autofahrt, er müsse sie wohl mehr in den Schwitzkasten nehmen.

"Sicher nicht" habe Fellner beim Abendessen erklärt, er wolle Wagner "den chinesischen Gesichtsausdruck austreiben", sie schaue aus "wie Madame Butterfly". Völlig falsch und frei erfunden, sagt Fellner vor Gericht.

"Nicht an diesem Abend"

"Nicht an dem Abend" nannte Fellner Wagner nach seiner Darstellung einen "absoluten Engel" – aber er habe das in mehreren SMS gebraucht.

"Früher oder später muss ich dich heiraten", will Fellner beim Essen auch nicht gesagt haben: "Ich war gerade frisch geschieden", das "Gegenteil" sei der Fall gewesen.

Wagner zu "schnappen", um zwei Tage gemeinsam wegzufahren, nennt Fellner "absurd", aber er habe ihr vorgeschlagen, nach Ibiza, ah, nach Kitzbühel zu fahren (er sagte beim Abendessen Ibiza). Wagner habe ihm wiederum eine gemeinsame Reise nach China vorgeschlagen, um Onlinehandelskonzerne zu besuchen.

"Nie in meinem ganzen Leben"

"In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nie als Romantiker bezeichnet", erklärt Fellner, als ihn Rami fragt, ob er sich – laut Wagners Protokoll – als "Romantiker" und Wagner als "Brutal-Chinesin" bezeichnet habe. Auch die "Brutal-Chinesin" streitet Fellner ab.

Auch als "so geil in jeder Hinsicht" habe er Wagner nicht bezeichnet, erklärt Fellner. Später sagte er laut Protokoll noch: "nicht sexuell, aber das vielleicht auch". Fellner: "Wir haben nie in Chats und nie bei Abendessen über sexuelle Dinge zwischen uns geredet" und das "Wort geil nie verwendet".

"Ich fürchte, dass es Herr Fellner mit der Wahrheit nicht so genau nimmt"

Und dann sagt Wagners Anwalt Rami trocken vor Gericht: "Ich befürchte, dass es Herr Fellner mit der Wahrheit nicht so genau nimmt." Es gebe Tonaufnahmen von dem Abendessen und von der Autofahrt, die all diese Aussagen Fellners gegenüber Wagner dokumentierten, die er gerne dem Gericht vorlege. "Wir können es uns sofort anhören."

"Das können wir uns nicht anhören, weil das ein illegaler Mitschnitt ist", wirft Fellner ein. "Das können wir uns schon anhören", entgegnet Richter Stefan Romstorfer, es gebe kein Verbot der Beweiswürdigung.

Schuldig bekannt

Nach einer kurzen Besprechung Wolfgang Fellners mit seinen Anwälten Georg Zanger und Kristina Venturini bekennt sich Fellner für schuldig, er entschuldigt sich auch bei Wagner. Er habe sich nicht mehr an diese Aussagen erinnern können und diese nicht absichtlich falsch als frei erfunden bezeichnet. Aber er bleibe dabei, dass die Aussagen "grob aus dem Zusammenhang gerissen" seien und weder ehrenrührig seien noch sexuelle Avancen darstellen würden.

Wagner und Rami lehnen einen Vergleich und eine Ehrenerklärung Fellners samt Übernahme der Gerichtskosten ab. Richter Romstorfer verurteilt Fellner zu 120.000 Euro Geldstrafe, davon 30.000 unbedingt. (fid, 11.11.2021)